Interview zum Thema „Nachhaltige Veranlagung“
Prof. Dr. Konrad Wimmer sprach mit Erich Stadlberger von der österreichischen Oberbank über das das Studienprojekt "Nachhaltige Veranlagung" an der FH Salzburg und Nachhaltigkeit in der Wertpapierberatung.
Erich Stadlberger
Leiter Abteilung Private Banking & Asset Management
Oberbank | A-4020 Linz
Seit August 2022 muss das Thema Nachhaltigkeit in die Wertpapierberatung einbezogen werden. Banken müssen die Nachhaltigkeitspräferenzen des Kunden abfragen. Dabei soll der „Dreiklang“ aus ökologisch nachhaltigen Investitionen nach der EU-Taxonomie Verordnung und der Offenlegungsverordnung sowie den Principal Adverse Impacts (PAIs) Berücksichtigung finden.
Herr Stadlberger, wie aufwendig war es für Ihr Haus, diese Anforderungen umzusetzen, und welche Schwierigkeiten galt es, dabei zu bewältigen?
Stadlberger: Grundsätzlich waren wir auf das Thema Nachhaltigkeit hervorragend vorbereitet, da wir uns in der Bank schon seit Langem damit beschäftigen.
Die Nachhaltigkeit in die Anlageberatung zu implementieren, war aber dennoch eine herausfordernde Aufgabe. Die wohl größte Herausforderung war – und ist nach wie vor –, den Kundinnen und Kunden das Thema Nachhaltigkeit im Wertpapiergeschäft verständlich zu kommunizieren. Dies ist nur darstellbar, wenn man über ein gut geschultes Personal verfügt, das den Kundinnen und Kunden das Thema vollumfänglich und transparent kommunizieren kann.
Hier war es notwendig, eine intensive ESG-Ausbildung für unsere Beraterinnen und Berater zu implementieren und das Thema stetig zu schulen. Gleichzeitig ist leider auch die Datenqualität der öffentlich zugänglichen Nachhaltigkeitsdaten noch nicht auf dem erforderlichen Niveau, weshalb wir darauf an- gewiesen waren, bei einem externen Datenlieferanten ESG-Pakte zu erwerben. Nach einem intensiven Auswahlprozess haben wir uns dabei für den Marktführer MSCI entschieden.
Des Weiteren mussten auch in den Wertpapiersystemen und Produkten zunächst die rechtlichen Komponenten inkludiert werden und weitere ESG-Kennzahlen hinzugefügt werden, um unseren Kundinnen und Kunden einen möglichst guten Überblick zu verschaffen.
Sie waren Auftraggeber der FH Salzburg, die in einem studentischen Praxisprojekt untersuchen sollte, wie ausgewählte österreichische Banken die skizzierten regulatorischen Vorgaben umsetzen und wie verständlich die Informationen für die Bankkunden aufbereitet werden. Hat Sie das Projektergebnis überrascht – die Banken scheinen doch recht unterschiedlich vorzugehen und keineswegs einheitlich zu informieren?
Stadlberger: Das Projektergebnis bestätigte unsere Wahrnehmung. Das Thema ist selbst für Expertinnen und Experten komplex. Umso schwieriger ist es für unsere Kundschaft, zwischen den verschiedensten ESG-Ansätzen zu unterscheiden. Die Vorgaben der Regulatoren ermöglichen den Kundinnen und Kunden, den ESG-Fokus sehr individuell zu wählen.
Dabei haben sie unter anderem die Wahl zwischen Taxonomie, Offenlegung, PAIs (Principal Adverse Impacts) oder einer Kombination daraus. Hinzu kommen noch Nachhaltigkeitssiegel, Mindeststandards und Best- in-Class-Ansätze, die von den Banken und Fondsgesellschaften sehr individuell ausgestaltet sind. Entsprechend schwierig ist hier für unsere Kunden die Vergleichbarkeit.
Außerdem haben Marktteilnehmer weiterhin viel Spielraum, das Thema sehr unterschiedlich zu präsentieren. Wir legen hier Wert auf einen transparenten Auswahlprozess, um Greenwashing zu vermeiden. Entscheidend ist, dass dieser Auswahlprozess auch in verständlichen Kundenunterlagen mündet.
Auch wenn das erstellte Ranking natürlich subjektive Einschätzungen der Projektgruppe enthält, so bietet es doch Anhaltspunkte, Bankkunden noch besser zu informieren. Leiten Sie für Ihr Haus konkrete Maßnahmen ab oder sind Sie mit der von Ihnen erreichten Platzierung1 bereits zufrieden?
Stadlberger: Wir haben aus diesem Projekt sehr wertvolle Lehren gezogen und arbeiten bereits daran, die rechtlichen Unterlagen künftig noch besser auffindbar zu platzieren. Beispielsweise soll zeitnah auf unserer Unternehmenshomepage eine übersichtliche Nachhaltigkeitsseite entstehen, wo die verschiedensten Nachhaltigkeitsansätze kompakt zusammengefasst werden.
Mit Ausnahme einer deutschen Ökobank wurde nur der österreichische Bankenmarkt beleuchtet. Da Ihr Haus auch in Deutschland Niederlassungen unterhält: Erkennen Sie persönlich in Ihrer Marktwahrnehmung wesentliche Unterschiede zwischen dem deutschen und österreichischen Bankenmarkt bei der Umsetzung der nachhaltigen Veranlagung – die regulatorischen Vorgaben sind ja identisch?
Stadlberger: Regionale Unterschiede sind für uns nicht sonderlich stark zu erkennen. Für alle Marktteilnehmer bilden die regulatorischen Vorgaben die Basis. Darüber hinaus haben einige Banken und Fondsgesellschaften noch eigens definiert, was für sie nachhaltig ist.
Auch die Oberbank hat hier einen mehrstufigen ESG-Analyseprozess implementiert. Allgemein ist der deutsche Bankenmarkt größer und vermutlich ist deshalb die Dichte an Banken, die sich gänzlich auf das Thema ESG fokussieren, etwas höher. Natürlich muss im Interesse aller Stakeholder die ökonomische Tragfähigkeit des Geschäftsmodells im Vordergrund stehen, deshalb haben wir in der Oberbank einen fundamentalen Auswahlprozess dem ESG-Prozess vorgelagert.
Vielen Dank für das interessante Gespräch.
Stadlberger: Sehr gerne!


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