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Banken auf dem Weg in die Cloud

Warum ist für Banken der Weg in die Cloud interessant und worauf müssen Sie achten? Im Redaktionsinterview geben Christoph Prellwitz, Geschäftsbereichsleiter Digitale Transformation, und Lars Rosebrock, Manager Digitale Transformation (beide msg GillardonBSM) Antworten.

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Fachartikel: Banken auf dem Weg in die Cloud, NEWS 02-2022

Der Weg in die Cloud

Christoph Prellwitz im Interview zu dem Weg von Banken in die Cloud

Christoph Prellwitz, Geschäftsbereichsleiter Digitale Transformation

In der Branche Banking hat es ein bisschen länger gedauert, aber nun sehen auch Banken die Notwendigkeit und vor allem das Potenzial von Cloud-Diensten. Treiber dieser Entwicklung ist zum einen der hohe Effizienz- und Kostendruck in der Branche Banking. Aber auch veränderte Kundenanforderungen hinsichtlich der Customer Experience und die wachsende Konkurrenz durch Neobanken, FinTechs und Onlineversicherer spielen eine Rolle.

Lars Rosebrock

Lars Rosebrock, Manager Digitale Transformation

Wir sprachen mit Christoph Prellwitz, Geschäftsbereichsleiter Digitale Transformation, und Lars Rosebrock, Manager Digitale Transformation (beide msg GillardonBSM), warum der Weg in die Cloud für Banken interessant ist und worauf sie achten müssen.

Herr Prellwitz, warum ist es für Banken sinnvoll und interessant, ihre IT in die Cloud zu migrieren?

Prellwitz: Hierauf möchte ich zunächst einmal generell antworten. Im Rahmen der Globalisierung und Digitalisierung wachsen Länder und Branchen immer mehr zusammen. Bankkunden – sowohl private als auch öffentliche und Firmenkunden – erwarten über- greifende Prozesse, die nahtlos ineinander übergehen. Und zwar ohne System- oder Medienbrüche. Wenn ich als Privatmann ein Haus kaufe, dann möchte ich mich nicht mehrfach identifizieren müssen, beim Notar, bei der Bank und so weiter. Ich möchte nicht mehrfach die gleichen Unterlagen anfordern beziehungsweise einreichen, nur weil die einzelnen Anlaufstellen nicht miteinander vernetzt sind.

Das bedeutet nicht, dass diese Prozesse und Arbeitsschritte nicht notwendig sind – aber der Weg geht zunehmend dahin, dass sie branchenübergreifend integriert und automatisiert und in Ökosystemen betrieben werden. Auch eine gemeinsame Vertrauensplattform (Trust), in der alle notwendigen, zertifizierten Dokumente liegen, ist essenziell. Hier entscheidet der Kunde, wer welche Information sehen darf.

Da solche Ökosysteme aufgrund der genannten Anforderungen nur schwer in proprietären Rechenzentren einer Bank betrieben werden können, können allgemein zugängliche Cloud-Anbieter beziehungsweise ein Hyperscaler – also ein Anbieter von IT-Ressourcen auf Basis von Cloud-Computing, dessen Ressourcen horizontal in hohem Maß skalierbar sind – hier eine Lösung sein.

Bankkunden erwarten übergreifende Prozesse, die nahtlos ineinander übergehen.

Christoph Prellwitz Geschäftsbereichsleiter Digital Transformation

Was bedeutet dies für die dispositiven Systeme in Banken?

Prellwitz: Bitte lassen Sie mich das aus einer „Anwendersicht“ und aus einer „technischen Sicht“ beantworten: Aufgabe der dispositiven Welt ist es, die aktuelle Lage des Instituts aufzuzeigen und das Management bei Entscheidungen zu unterstützen. Branchenübergreifende Ökosysteme bieten hier eine viel größere und aktuellere Datengrundlage. Der Vorteil für den Bankkunden: Er erhält ein maßgeschneidertes Angebot. Der Vorteil für die Bank: Es ist eine klare Bewertung des Kunden möglich, da mehr Vertriebsinformationen vorliegen. Kurz gesagt, das ist eine Win-win Situation.

Im technischen Umfeld sehe ich bei Lösungen, die über Datawarehouse-Lösungen, Big-Data-Lösungen etc. bei Finanzinstituten realisiert sind, im Cloud-Betrieb viele Vorteile gegenüber einem Eigenbetrieb. Aus technischer, wirtschaftlicher Sicht ist beispielsweise das flexible Bereitstellen zusätzlicher Speicher- und Rechenkapazität in der IT-Umgebung der Bank, die bei den großen Hyperscalern per Knopfdruck sofort verfügbar gestellt werden kann, vorteilhaft. Oder die Verwendung zusätzlicher Reporting- und KI-Tools, die „einfach da“ sind. Dazu kommen Kosteneinsparungen durch den Wegfall eines eigenen Rechenzentrums oder aus regulatorischer beziehungsweise Security-Sicht, dass dass punktuell der Cloud-Betreiber und nicht mehr die eigene IT für das Einhalten und Gewährleisten von regulatorischen Anforderungen zuständig ist. Hinzu kommt natürlich eine entsprechende Providersteuerung.

An erster Stelle sollte immer eine gesamthafte Cloud-Strategie stehen, die sich an den strategischen IT-Zielen ausrichtet.

Lars Rosebrock Manager

Welche Aspekte müssen Banken bei der Migration des DWH in die Cloud beachten?

Rosebrock: Das darf man zunächst nicht nur auf ein DWH beziehen, sondern muss es instituts- beziehungsweise konzernweit betrachten. Wir sehen in der Praxis immer wieder Beispiele, in denen Cloud-Migrationen nur für einzelne BI-Anwendungen durchgeführt oder in Betracht gezogen werden, ohne das Große und Ganze zu betrachten. An erster Stelle sollte jedoch immer eine gesamthafte Cloud-Strategie stehen, die sich an den strategischen IT-Zielen ausrichtet. Erst hiernach sind dezidierte Aspekte der Cloud-Migration eines DWHs zu betrachten, wie zum Beispiel:

  • Welche Cloud-Anbieter sind für die Banking-Branche geeignet?
  • Welche Kostenmodelle existieren derzeit am Markt und worin unterscheiden sie sich?
  • Inwieweit erfüllen cloudbasierte BI-Lösungen die besonders hohen Anforderungen an den Datenschutz im Bankenwesen?

Herr Prellwitz, gehen wir mehr ins Detail: Worauf müssen Banken bei der Wahl eines Cloudanbieters achten beziehungsweise welche Cloudanbieter sind für die Branche Banking geeignet?

Prellwitz: Da liegt der Hase im Pfeffer. Der Cloud-Anbieter sollte die Anforderungen und Regularien einer Bank kennen und umgesetzt haben. Stichworte sind hier BAIT, MaRisk oder auch diverse ISO-Standards. Die stellen hohe Anforderungen an den Betrieb von IT-Lösungen von Banken, die über die Anforderungen in anderen Branchen hinausgehen. Um Effizienzen heben zu können, ist es unerlässlich, einen geeigneten Cloud-Partner beziehungsweise Hyperscaler zu finden, der einem diese Fragestellungen abnimmt und sich im Kerngeschäft entsprechend auf die Bankbranche fokussiert hat.

Wie beziehungsweise woran erkennen Banken geeignete Cloudanbieter?

Rosebrock: Leider lässt sich das nicht pauschal beantworten. Auf der einen Seite müssen die notwendigen funktionalen, technischen und kommerziellen Anforderungen des Finanzinstituts an den entsprechenden Cloud-Anbieter individuell betrachtet und bewertet werden. Andererseits müssen Finanzinstitute die potenziellen Cloudlösungen auf dem Markt einer detaillierten Bewertung bezüglich Themen wie Data-Governance, Sicherheit und Zuverlässigkeit unterziehen.

Sie sehen, wir sprechen hier von einem sehr individualisierten Prozess, um den geeigneten Cloud-Anbieter zu identifizieren. In einer Marktstudie haben wir die wesentlichen Cloud-Anbieter untersucht und dabei in einem umfangreichen Fragebogen die Dimensionen Technik, Compliance, vorhandene Bankfachlichkeit und Kosten bewertet. Dabei haben wir herausgefunden, dass es „den einen Anbieter“ nicht gibt. Die Ergebnisse können aber die Ausgangsbasis für eine institutsindividuelle Untersuchung sein.

Wenn dann der passende Anbieter identifiziert ist, wie sehen die folgenden (richtigen) Schritte in die Cloud aus?

Rosebrock: Oftmals geraten Digitalisierungsprojekte nicht im Rahmen eines Anbieterauswahlverfahrens in Schieflage, sondern in der Umsetzungs- beziehungsweise Einführungsphase des avisierten Projekts. Um das im Rahmen von BI-Migrationen in die Cloud zu verhindern, haben wir bei msg GillardonBSM eine spezifizierte Roadmap entwickelte, die fünf ineinandergreifende Schritte enthält.

Diese beginnt im ersten Schritt mit der Identifikation der Key-Player, indem die einzubeziehenden Funktionen und deren Rollen festgelegt werden. Der nächste Schritt ist, Akzeptanz zu schaffen. Das gelingt am besten durch eine transparente Darstellung der Aussicht und des Ziels der Cloud-Migration. Es folgen vorbereitende Maß- nahmen, wie zum Beispiel der Aufbau von Cloud-Kompetenzen innerhalb des Finanzinstituts sowie das Etablieren eines Cloud-Management-Workflows. Im nächsten Schritt werden die institutsspezifische Governance und die Minimierung von Cloud-Risiken etabliert. Und schließlich steht im fünften Schritt das Durchführen der Cloud-Migration sowie die Optimierung und Skalierung der Cloud-Lösung auf die Bedürfnisse des Instituts an.

Inzwischen fragen die Kunden: Wie sieht meine IT-Landschaft von morgen aus?

Lars Rosebrock Manager

Kurzer Blick in den Beratungsalltag: Welche Fragen beschäftigen Ihre Kunden am häufigsten?

Prellwitz: Nun, vor drei bis vier-Jahren war hier das Beratungsleben noch einfacher (lacht). Das Thema wurde immer schnell beiseitegeschoben. Die gängigen Stand- punkte waren: „Unsere Daten geben wir nicht raus.“ Oder: „Die Aufsicht will das nicht!“ Nachdem nun aber Aufsichtsorgane, wie die EBA und die BaFin, hierzu bereits selbst Empfehlungen abgegeben haben, hat ein Umdenken stattgefunden.

Viele Banken haben bereits eine Cloud-Native-Strategie für die künftige IT-Bebauung entworfen. Das heißt, etablierte IT-Anwendungsmonolithen werden durch offene, fl­exibel aufrufbare Services, zum Beispiel zur Cashfl­ow-Berechnung, ersetzt. Inzwischen fragen die Kunden: Wie sieht meine IT-Landschaft von morgen aus? Welche Infrastruktur muss ich verwenden? Wie sieht mein Entwicklungs- und Deployment-Prozess hierzu aus und welche Rollen und Verantwortlichkeiten benötige ich hierzu?

Die Daten mögen heutzutage Herz und Seele des Instituts sein, die Kunden jedoch sind der Sauerstoff.

Lars Rosebrock Manager

Lassen Sie uns zum Schluss einen Blick in die Zukunft werfen: Wie werden sich die BI-Cloudlösungen entwickeln und worauf müssen sich die Akteure Ihrer Meinung nach einstellen?

Prellwitz: Nun, ich denke die operativen und dispositiven Lösungen werden immer mehr fl­ießend ineinander übergehen. Speicher und Rechenpower sind nicht mehr der limitierende Faktor. Banken werden den Datenschatz, den sie bereits haben, zum Beispiel Kundendaten oder Sicherheitendaten, durch weitere und aktuelle Informationen anreichern, die sie beispielsweise aus branchenübergreifenden Ökosystemen, von Social-Media-Plattformen etc. beziehen. Das hilft ihnen, ihre Kunden besser zu verstehen und ihnen passgenauere Angebote zu unterbreiten. Aus persönlicher Erfahrung ärgert es mich, dass ich im Jahr 2022 immer noch alle drei Monate von meiner Bank Bankprodukte angeboten bekomme, die nicht zu mir passen.

Rosebrock: Daten sind heutzutage Herz und Seele eines jeden Finanzinstituts. Im Rahmen der digitalen Transformation und verschiedener Data-Science-Ansätze versuchen die Institute zum einen natürlich, ihre Effizienz zu steigern und unnötige Kosten zu identifizieren.

Zumal die vergangenen Jahre in den Banken von Kostensenkungen und herausfordernden aufsichtsrechtlichen Anforderungen geprägt waren. Der viel gewichtigere Part – und das damit einhergehende große Potenzial – bieten jedoch Ansätze in der Ertragssteigerung, die aus den vorliegenden und zum Teil noch ungenutzten Daten über Kunden und Geschäfte gespeist werden. Um dieses Potenzial zu heben, werden sich Finanzinstitute immer flexibler in ihrer IT-Infrastruktur aufstellen. Ich denke, wir erleben derzeit einen Wandel hin zu einer starken Kunden- und Ertragsfokussierung. Denn die Daten mögen Herz und Seele des Instituts sein, die Kunden jedoch sind der Sauerstoff.

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