Banksteuerung mit THINC in der Kärntner Sparkasse
Die Kärntner Sparkasse stand im Jahr 2018 vor der Herausforderung, die Banksteuerung mit erweiterten Analyse- und Simulationsmöglichkeiten flexibler zu gestalten. Die Ergebnisse sollten die Kennzahlen ergänzen, die in einem etablierten Prozess über die österreichische Sparkassengruppe ermittelt und bereitgestellt wurden.
Ein Praxisbericht in Zusammenarbeit mit Mag. Sven Rheina-Wolbeck (Leiter Strategisches Risikomanagement & Meldewesen, Kärntner Sparkasse AG) und Alois Sandner (Strategisches Risikomanagement, Kärntner Sparkasse AG)
Ausgangssituation
Die Kärntner Sparkasse stand im Jahr 2018 vor der Herausforderung, die Banksteuerung mit erweiterten Analyse- und Simulationsmöglichkeiten flexibler zu gestalten. Die Ergebnisse sollten die Kennzahlen ergänzen, die in einem etablierten Prozess über die österreichische Sparkassengruppe ermittelt und bereitgestellt wurden.
Vor diesem Hintergrund prüfte die Kärntner Sparkasse verschiedene Softwarelösungen und entschied sich für die Standardsoftware THINC1 von msg GillardonBSM AG. Ein wesentlicher Grund war die Möglichkeit, mit THINC auf einer integrierten Datenbasis mittels konsistenter Methoden sowohl das barwertige Zinsänderungsrisiko als auch den periodischen Zinsüberschuss zu messen. Neben dieser seitens der Bankenaufsicht geforderten dualen Sicht auf die Zinsänderungsrisiken war die von THINC unterstützte Ableitung von Maßnahmen zur Steuerung des Zinsbuchs ein wichtiges Argument.
Einführung von THINC für die Banksteuerung
Eine wichtige Rahmenbedingung bei der Einführung der Standardsoftware THINC war ein flexibles und ressourcenschonendes Vorgehen parallel zu den operativen Prozessen im Risikomanagement der Kärntner Sparkasse. Dafür eignete sich der bewährte, auf Workshops basierende Ansatz von msg GillardonBSM.
Gemäß dem abgestimmten Zeitplan stand zunächst die Installation von THINC im Rechenzentrum der s IT Solutions Austria – seit Anfang Juli 2021 Teil der neu gegründeten Erste Digital – im Fokus. Im nächsten Schritt erfolgte die Anbindung der Geschäfts- und Marktdaten. Diese Einzelgeschäftsergebnisse bilden die Basis für alle weiteren Verarbeitungsschritte.
Die Kärntner Sparkasse unterscheidet in Übereinstimmung mit den IRRBB-Anforderungen der österreichischen FMA und der europäischen EBA zwischen der wertorientierten Risikomessung und -steuerung und der GuV-orientierten Simulation des periodischen Zinsüberschusses.
Berücksichtigung verschiedener Arten von Zinsgeschäft
Bei der Anbindung der Geschäfte haben wir im Projekt besonders auf die adäquate Abbildung der verschiedenen Arten von Zinsgeschäft geachtet. Hier ging es nicht nur um die Unterscheidung von Kundengeschäft, bilanziellem Eigengeschäft und Derivaten – vor allem Zinsswaps. Es ging auch um die sachgerechte Modellierung von Festzinsgeschäften, Referenzzinsgeschäften und Produkten ohne definierte Zinsbindung, insbesondere Spareinlagen und Kontokorrentprodukten.
Auch die Berücksichtigung impliziter Optionen war ein wichtiges Thema.
Eine besondere Herausforderung stellt in der Banksteuerung die adäquate Abbildung des an Referenzzinsen gekoppelten Kreditgeschäfts dar. Dieses Geschäft zeichnet sich in der Kärntner Sparkasse dadurch aus, dass die variable Verzinsung oft auf eine anfängliche Festzinsphase folgt. Zudem enthalten die Produkte die marktüblichen impliziten Floors. Sowohl die Referenzzinsen als auch die Floors erfordern eine besondere Behandlung in der Einzelgeschäftskalkulation, in der wertorientierten Risikomessung und in der Hochrechnung des Zinsertrags unter Zinsszenarien.
Wertorientierte Risikomessung und Steuerung
Die wertorientierte Risikomessung simuliert barwertige Kennzahlen, insbesondere das klassische Zinsänderungsrisiko, das sich aus schlagartig eintretenden Zinsszenarien ergibt. Einige dieser Zinsszenarien, vor allem die sogenannten IRRBB-Szenarien, gibt die Aufsicht mittlerweile konkret vor. Hinzu kommen hauseigene Zinsszenarien der Kärntner Sparkasse.
Im Einführungsprojekt haben wir Wert daraufgelegt, dass THINC diese Zinsszenarien monatlich für wesentliche Positionen des Zinsbuchs simuliert und, ausgehend von diesen Ergebnissen, eine detaillierte Analyse der Teilergebnisse ermöglicht. So lassen sich beispielsweise die Beiträge verschiedener Bankprodukte ebenso nachvollziehen wie die Auswirkungen von Geschäften in Fremdwährung.
Eine wichtige barwertige Risikokennzahl ist der Value- at-Risk (VaR). Diese Kennzahl leitet THINC aus einer Risikoverteilung ab, die über eine Moderne Historische Simulation ermittelt wird. Im Rahmen des Projekts haben wir die VaR-Berechnung so parametrisiert, dass sie den fachlichen Anforderungen der Kärntner Sparkasse entspricht.
Die Kärntner Sparkasse berechnet monatlich mit THINC für ihr Derivate-Portfolio verschiedene Zinsszenarien und einen Zins-VaR, zusätzlich für ihre offene FX-Position FX-Szenarien und einen FX-VaR. Außerdem nutzt sie die Softwarelösung, um für die Fair-Value-Positionen des A-Depots monatlich Zinsszenarien und eine GuV-Simulation zur Darstellung des Pull-to-Par-Effekts zu berechnen.
Anlassbezogen ermittelt das Risikomanagement die Effekte von einzelnen Geschäften und Maßnahmen unter den vorgegebenen IRRBB-Szenarien. So lassen sich zum Beispiel die Auswirkungen von geplanten Refinanzierungsgeschäften oder Zinsswap-Maßnahmen auf die von der Erste Group bereitgestellten Zinsrisikokennzahlen im Voraus abschätzen.
GuV-orientierte Simulation des Zinsüberschusses
Einen wesentlichen Mehrwert bietet die in THINC integrierte Planung des zinstragenden Geschäfts. msg GillardonBSM und die Kärntner Sparkasse haben im THINC-Einführungsprojekt die Planungsebenen so konfiguriert, dass eine hinreichend detaillierte Planung für die einzelnen Geschäftsbereiche möglich ist. THINC bietet die Flexibilität, einzelne Positionen auf einer feineren Detailebene zu planen und ausgewählte Bündel von Positionen auf einer höher aggregierten Ebene.
Wir haben im Projekt bereits die Grundlage geschaffen, um die beiden Konzerneinheiten Kärntner Sparkasse und die slowenische Tochter Banka Sparkasse separat abzubilden. Derzeit sind aber nur die Geschäfte der Kärntner Sparkasse in THINC abgebildet.
Die jährliche Planung erfolgt im Financial Controlling auf Basis der Unternehmensstrategie und in Abstimmung mit dem Risikomanagement. Die Kärntner Sparkasse nutzt die Softwarelösung und berechnet dann eine Vorschau auf die periodischen Ergebnisse unter den für die Planung vorgegebenen Zinsprognosen.
Sie berechnet zudem die Auswirkungen, die geänderte Geschäftsverläufe (zum Beispiel geringeres Volumenwachstum) und eine von der Planung abweichende Zinsentwicklung auf das Zinsergebnis für die Planjahre haben würden. Die Vorschaurechnung liefert auf diese Weise wichtige Indikatoren für die Unternehmensstrategie und erlaubt somit ein frühzeitiges und wirkungsvolles Gegen- steuern im Falle absehbarer adverser Entwicklungen.
Viele berechnete und in Detailsichten ausgewiesene Teilergebnisse der Vorschaurechnung tragen zu einer guten Nachvollziehbarkeit der Effekte bei. Die Kärntner Sparkasse nutzt die Ergebnistabellen in THINC für flexible eigene Auswertungen und für ein hausindividuell gestaltetes Berichtswesen.
Fazit und Ausblick
Die Kärntner Sparkasse hat mit THINC eine moderne Softwarelösung eingeführt, die das Risikomanagement und die Steuerung der Sparkasse flexibel und zuverlässig unterstützt.
THINC ergänzt die Informationen, die monatlich aus der österreichischen Sparkassengruppe bereitgestellt werden, um individuell konfigurierbare Risiko- und Ertragssimulationen mit umfassenden Analysemöglichkeiten. THINC kalkuliert dafür die hauseigenen Produkte direkt am Einzelgeschäft.
Ein wichtiger Mehrwert für die Kärntner Sparkasse ist die Verzahnung der Planung im Financial Controlling mit den GuV-Vorschaurechnungen des Risikomanagements. Dieses Zusammenspiel ermöglicht zeitnahe und qualitativ hochwertige Analysen unter Szenarien.
Für die ALM-Steuerung im Haus bringt die von THINC berechnete Aufteilung in Konditionenbeitrag, Zins- Strukturbeitrag und Liquiditätsbeitrag potenziell einen Mehrwert durch zusätzliche Analysemöglichkeiten, auch wenn das ALM diese Funktionen aktuell noch nicht nutzt.
Ein weiterer großer Zusatznutzen für die Banksteuerung ist die Möglichkeit, die Steuerungswirkung geplanter Maßnahmen wie Zinsswaps oder Refinanzierungsgeschäfte vorab in THINC zu simulieren und zu analysieren.
Für die Kärntner Sparkasse ist es wichtig, dass die Lösung bereits auf die absehbaren neuen Anforderungen der EBA an das wert- und das ertragsorientierte Risikomanagement vorbereitet ist, die mit der Überarbeitung des IRRBB-Leitfadens im Jahr 2022 kommen werden.
Über die Kärntner Sparkasse
Abbildung 1: Kärntner Sparkasse in Klagenfurt
Der Konzern Kärntner Sparkasse AG ist ein regionaler Finanzdienstleister im Heimmarkt Kärnten sowie im Near-to-home-Markt Slowenien mit einer mehr als 180-jährigen Geschichte. Die Kärntner Sparkasse unterscheidet sich von anderen Finanzinstituten durch ihre feste Verankerung in der regionalen Wirtschaft sowie ihre Gemeinwohlorientierung. Sie zählt mit einer Bilanzsumme von 5,83 Mrd. Euro (2020) zu den mittelgroßen Instituten im Netzwerk der österreichischen Sparkassengruppe.
Die Kärntner Sparkasse konnte trotz Coronapandemie auch im Jahr 2020 in allen Geschäftsbereichen signifikante Zuwächse erzielen und ihre Marktposition bei Privatkunden und in der mittelständischen Wirtschaft ausbauen. Mit einem Betriebsergebnis von 41,5 Mio. Euro 2020 und einer sehr guten Eigenmittelausstattung von 19,6 Prozent ist sie bestens gerüstet für die Herausforderungen der Zukunft.
Weiterführender Hinweis
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