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Payments Outsourcing – Wird Payments as a Service das „new normal“?

Sollten Banken angesichts der Herausforderungen bei der Zahlungstransformation und der Notwendigkeit, Kosten zu senken, in Erwägung ziehen, Payments Outsourcing zu nutzen und den Zahlungsverkehr in die Cloud auszulagern? Eine Stellungnahme.

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Der Zahlungsverkehr befindet sich im Wandel

In den letzten Jahren haben Regulierungs- und Brancheninitiativen den Zahlungsverkehrsmarkt überschwemmt: PSD2/Open Banking, SWIFT gpi, die Interbanken-ISO-20022-Migration, SEPA Request-to-Pay, die T2/T2S-Konsolidierung und nicht zuletzt die European Payment Initiative. Außerdem steht in Kürze möglicherweise eine verpflichtende Einführung von SEPA Instant Payments vor der Tür.

Parallel dazu werden die Kundenanforderungen immer anspruchsvoller, und immer mehr FinTechs bieten spezialisierte Funktionen, wie internationalen Zahlungsverkehr, Instant Payments und Anti-Financial-Crime- Lösungen, an. Dazu kommt, dass die Zahlungsmargen der Bank unter Druck stehen. Zahlungen werden zunehmend als austauschbares, nicht differenzierendes Produkt angesehen.

In einem so dynamischen Markt wie dem Zahlungsverkehr müssen Banken ihre Strategie für die Abwicklung von Zahlungen sorgfältig prüfen. Wie können sie schneller mehr für weniger leisten UND gleichzeitig betriebsbereit bleiben?

Auslagern statt selbst machen

Die Angewohnheit, alles selbst zu machen, ist nicht mehr nachhaltig – schon gar nicht für Tier 2- oder 3-Banken. In der Einführung der überarbeiteten Leitlinien zu Outsourcing-Vereinbarungen stellt die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA fest: „In den letzten Jahren waren Finanzinstitute zunehmend daran interessiert, Geschäftsaktivitäten auszulagern, auch um Kosten zu senken und ihre Flexibilität und Effizienz zu verbessern.“1 Dies gilt auch für den Zahlungsverkehr. Das Outsourcing von Zahlungen ist zu einer sehr ernst zu nehmenden Option geworden, und viele Banken haben bereits darauf reagiert.

Dabei gibt es das Konzept des Outsourcings schon seit Jahrhunderten. Adam Smith wird allgemein zugeschrieben, dass er die Idee als Teil seiner „Wettbewerbsvorteilstheorie“ entwickelt hat. Im Laufe der Zeit hat die verarbeitende Industrie das Outsourcing von einer losen Wirtschaftstheorie in ihre Kernwachstumsstrategie umgewandelt.

Warum auslagern?

Es gibt mehrere Gründe, ein Payments Outsourcing in Betracht zu ziehen:

  • Reduzierung des Implementierungs- und Betriebsrisikos: Betrieb und Support 24/7 bei zugesicherten Service Levels und einer hohen Verfügbarkeit.
  • Kosteneffizienz: Realisieren von einer niedrigeren und flexibleren Kostenbasis.
  • Strategische Neuausrichtung: Weniger Zeitaufwand für zeitintensive Prozesse und stärkeren Fokus auf Kunden und neuen Geschäftswert.
  • Technologiesprung: Sprung auf eine führende Technologiebasis durch einen Dienstleister.

Was genau ist also Outsourcing?

Einfach ausgedrückt ist Outsourcing der Prozess, bei dem ein Unternehmen einen Teil seiner internen Vorgänge oder Prozesse an einen Dritten delegiert.

Während der Vertragslaufzeit verbleiben das Eigentum und die Verantwortung über diese Prozesse in der Regel beim Unternehmen, während Dritte für die Durchführung und Berichterstattung über die vordefinierten Aufgaben verantwortlich sind.2

In der Praxis schließen Finanzinstitute Verträge mit Drittanbietern ab, damit diese weite Teile der Wertschöpfungskette einer Bank übernehmen. In vielen Fällen werden bei einem vollwertigen Produkt-Outsourcing die Produktentwicklung, der Betrieb, die Compliance, die regulatorische Infrastruktur und die IT an Dritte übergeben. Die Bank hingegen behält die Verantwortung für diese Aufgaben und konzentriert sich stattdessen auf die Kundenschnittstelle und ihre Bilanz.

Es gibt viele Formen des Payments Outsourcings

Wenn man über Outsourcing im Zahlungsverkehr spricht, ist es wichtig zu definieren, welche Formen des Payments Outsourcings in Betracht gezogen werden. Hier stehen verschiedene Varianten zur Verfügung – von IaaS, PaaS und SaaS bis hin zu Business Process Outsourcing (BPO) – wie in Abbildung 1 dargestellt.

Payments Outsourcing: Auslagerungsmodelle in die Cloud

Abbildung 1: Payments Outsourcing. Auslagerungsmodelle in die Cloud

Im hochdynamischen Zahlungsverkehr könnte beispielsweise eine Option darin bestehen, eine moderne Zahlungsplattform – inklusive Wartung und Change- Management – zu erwerben und auf das bestehende IaaS-Konzept der Bank implementieren zu lassen.

Alternativ kann SaaS eine bevorzugte Wahl sein, da es einen sehr umfassenden Service bietet – einschließlich Hosting und Wartung – was zu einer erheblichen Entlastung der IT führt.

Eine weitere Form des Payments Outsourcings ist das Business Process Outsourcing (BPO). Dabei handelt es sich um eine etablierte Methode, um ineffiziente interne Betriebsprozesse zu reduzieren. Hierbei wird eine dritte Partei zur Verwaltung eines gesamten Geschäftsprozesses einbezogen – zum Beispiel der Bearbeitung von Non-STP-Zahlungen (Straight Through Processing), Reklamationen oder Kundenservices.

Da eine Bank in letzter Konsequenz die tägliche Ausführung grundlegender und wertschöpfender Geschäftsprozesse somit abgibt, ist es keine Entscheidung, die Banken leichtfertig und vorschnell treffen (sollten).

Neben den Outsourcing-Optionen müssen auch die Sourcing-Optionen pro Zahlungsdomäne (siehe Abbildung 2) wie Routing, Parser, Auftragsmanager, Terminzahlungen oder Scheme-Gateway je nach Verfügbarkeit, benötigter Agilität und den Kosten für die Integration durchdacht werden.

Ein neuer Trend, der sich (gut sichtbar) am Horizont des Zahlungsverkehrs abzeichnet, ist das Payments-as-a- Service-Modell. Payments as a Service (PaaS) basiert auf dem SaaS-Prinzip und ist ein cloudbasierter und hoch flexibler Ansatz für die Zahlungsabwicklung. Im Wesentlichen wird der Cash-Zyklus einer Bank, eines Unternehmens oder eines Zahlungsdienstleisters in die Cloud verschoben. Von dort können die Backoffice-Zahlungsprozesse End-to-End automatisiert werden.

Zahlungsdomänen und Auslagerungsmöglichkeiten mit Payments as a Service

Abbildung 2: Zahlungsdomänen und Auslagerungsmöglichkeiten mit Payments as a Service

Payments as a Service

PaaS-Anbieter haben umfassende End-to-End-Programme entwickelt, die die technischen und betrieblichen Aufgaben über eine cloudbasierte Plattform für die Zahlungsabwicklung erfüllen. Damit können Banken die Verarbeitung einzelner Produkte wie SEPA-Überweisungen und SEPA-Lastschriften, Multi-Currency-Payments, Hochbetragszahlungen und/oder Echtzeitüberweisungen (sogenannte Instant Payments) auslagern.

Payments-as-a-Service-Lösungen sind hoch flexibel und ermöglichen die vollständige oder vereinzelte Auslagerung von Aktivitäten, wie zum Beispiel dem Debulking oder den AML- und Geldwäscheprüfungen. Folglich kann eine Bank frei aussuchen, welche Zahlungsprodukte oder Teile der Wertschöpfungskette in der Cloud erbracht werden und gleichzeitig, schlanke und effiziente Abläufe entlang der Prozesse sicherstellen.

Instant Payments + Payments as a Service = IPaaS

Aktuell prüfen viele europäische Institutionen für die Einführung von SEPA Instant Payments (SCT-INST), was notwendig ist, um auf Echtzeitverarbeitung umzustellen. Doch das Verfahren stellt gewaltige Anforderungen an die Banken und die Zahlungsabwicklung.

Instant Payments erfordern eine 24/7 verfügbare Architektur – somit benötigen Banken einen rund um die Uhr verfügbaren Business-Operations-Betrieb. Zusätzlich ist die Implementierung einer Echtzeit-Fraud-Management-Lösung (Embargo/Geldwäsche) unter Berücksichtigung von Ultimos und Sammeleinreichungen (sogenannte Bulks) nicht zu vernachlässigen.

Zahlungen müssen mehr denn je reibungslos und einfach sein – von der Funktionalität bis zur Wirtschaftlichkeit

Die Entwicklung und der Betrieb einer eigenen und 24/7 verfügbaren Instant-Payments-Lösung stellt die Finanzinstitute jedoch vor große Herausforderungen. Eine Umstellung batchgetriebener IT-Systeme auf Echtzeitverarbeitung erfordert hohe Investitionen und bindet Ressourcen.

Instant-Payments-as-a-Service-(IPaaS-)-Modelle ermöglichen es Zahlungsanbietern, mit der neuen Echtzeitfähigkeit zu arbeiten, ohne große Investitionen tätigen zu müssen oder die Legacy-Systeme vollständig auf 24/7 und Echtzeit umzustellen.

Ältere Backend-Systeme sind meist nicht für die Echtzeitverarbeitung ausgelegt – eine riesige Herausforderung für die IT von Banken, die Instant Payments einführen.

Die Konnektivität der Bank zu einer modernen IPaaS- Lösung erfolgt über eine REST-API-Schnittstelle. Der IPaaS-Service verbindet sich für die Echtzeitüberweisung mit dem gewünschten Scheme, wie EBA RT1 oder TARGET Instant Payment Settlement (TIPS). Die Lösung bewirkt, dass die Prozesskette für die Abwicklung fast vollständig in die Cloud ausgelagert wird, während die Bank weiterhin in der Hoheit der Kundenkanäle und dem Kontoführungssystem bleibt.

Die Vorteile liegen auf der Hand

Payments-as-a-Service-Modelle bieten Banken einen erhöhten Geschäftswert durch Flexibilität, Skalierbarkeit sowie Kosteneinsparungen durch den einfachen und zuverlässigen Zugang zu Cloud-Funktionen. Wer gezielt mietet, was gebraucht wird, statt zu kaufen oder selbst zu bauen, kann viel Zeit und Geld sparen.

Darüber hinaus ist die Markteinführungsgeschwindigkeit von PaaS-Lösungen ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal. Traditionelle Zahlungs-Hubs brauchen Jahre, um auf den Markt zu kommen, während PaaS- Lösungen in Monaten denken.

Eine wachsende Zahl von Finanzinstituten entscheidet sich daher für die Auslagerung ihrer geschäftskritischen Zahlungsinfrastruktur an spezialisierte Anbieter. Dies beseitigt die Belastung durch Regulierung und Variationen zwischen Zahlungssystemen, Schemes, Wartung und Updates.

Wie sieht es in der Zukunft aus?

Der Wechsel zu einer PaaS-Option ermöglicht es den Finanzinstituten, einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen und schlanke sowie flexible Abläufe entlang der Wertschöpfungskette aufzubauen. Zahlungen und Payment-Services können schneller und billiger als je zuvor bereitgestellt werden. Banken verfügen dadurch über zusätzliche Kapazitäten und Ressourcen, um sich auf ihre Benutzererfahrung, ihr Kerngeschäft und die Erweiterung des Kundenstamms zu konzentrieren.

Die Auslagerung von Zahlungen ist ein Trend, der erst in den letzten Jahren richtig Fahrt aufgenommen hat. Auch in Deutschland sind große Banken mitten in der Umstellung von einer On-Premise-Zahlungslandschaft hin zu Payments-as-a-Service-Modellen in der Cloud. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich der Markt der Zahlungsdienstleister in den kommenden Jahren entwickelt und welche Leader sich im Markt etablieren.

Quellen
Christoph Mittmann

Christoph Mittmann

berät bei msg for banking Kreditinstitute und Zahlungsdienstleister im Bereich Zahlungsverkehr. Er ist erfahren in der Einführung und Optimierung von Instant Payments Prozessen sowie in der Umstellung von SWIFT-FIN auf den ISO-20022-Standard in TARGET2 und Korrespondenzbankgeschäft.

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