Die Geschäftsfeldrechnung: Praxishinweise
NEWS 01/2025
Alle Unternehmen, dies gilt selbstverständlich auch für Kreditinstitute, sollten die Erfolgsbeiträge der unterschiedlichen Geschäftsfelder (GF) transparent und verursachungsgerecht darstellen können. Die Geschäftsfeldrechnung ermittelt die Erfolgsbeiträge – genauer die Deckungsbeiträge – der einzelnen Geschäftsfelder. Dabei ist zwischen der Plan- und der Ist- Geschäftsfeldrechnung zu unterscheiden.
Einführung
Alle Unternehmen, dies gilt selbstverständlich auch für Kreditinstitute, sollten die Erfolgsbeiträge der unterschiedlichen Geschäftsfelder (GF) transparent und verursachungsgerecht darstellen können. Nur so können die Entscheidungsträger beziehungsweise die Controlling-Einheiten rentable und weniger rentable Geschäftsfelder identifizieren und Steuerungsimpulse für die Verbesserung des Gesamtergebnisses ableiten.
Kreditinstitute sind sogar aufsichtsrechtlich gehalten, diesen Transparenzanspruch einzulösen (vgl. MaRisk AT 4.2. Ziffer 1, Analyse des Geschäftsmodells).
Die Geschäftsfeldrechnung
Die Geschäftsfeldrechnung ermittelt die Erfolgsbeiträge – genauer die Deckungsbeiträge – der einzelnen Geschäftsfelder. Dabei ist zwischen der Plan- und der Ist- Geschäftsfeldrechnung zu unterscheiden.
Um den Grundsatz der Beeinflussbarkeit der Ergebnisse realisieren zu können, ist die Geschäftsfeldrechnung als gestufte Deckungsbeitragsrechnung aufzubauen. In diesem Fall werden Kosten, im Idealfall ohne Schlüsselung, der relevanten Deckungsbeitragsstufe zugeordnet. Beispielsweise werden die Personalkosten des Kundenberaters A dem Profit-Center-Berater A zugerechnet, nicht aber anteilig auf die von ihm abgeschlossenen Geschäfte verteilt.
Von großer Bedeutung ist die Differenzierung zwischen der voll- beziehungsweise teilkostenorientierten Sicht. Traditionell führt dies immer wieder zu Diskussionen in der Praxis, wobei hier folgende Argumentation aufgebaut wird:
- Geschäftsfeld-Verantwortliche, Gleiches gilt für Profit-Center-Verantwortliche, sollten nur mit Erfolgsbeiträgen konfrontiert werden, die sie auch beeinflussen können.
- Gemeinkostenschlüsselungen sollten vermieden werden, da ansonsten gegen den eben genannten Grundsatz verstoßen würde. In der Praxis lassen sich bisweilen Schlüsselungen nicht umgehen, wie unten noch zu zeigen ist. Diese Fälle sollten jedoch eng begrenzt und, wenn sie doch nicht zu umgehen sind, darauf geachtet werden, dass die Schlüsselung von den Berichtsempfängern akzeptiert wird.
- Entscheidungsträger wollen meist auch das vollkosten- orientierte Ergebnis sehen. Gegen diese Erweiterung spricht nichts, wenn dabei unmissverständlich deutlich wird, dass dann die Geschäftsfeldverantwortlichen mit nicht von ihnen beeinflussbaren Erfolgsbestandteilen konfrontiert werden.
Diese Argumentation wird nachfolgend anhand eines allgemein gehaltenen praxisnahen Beispiels verdeutlicht (vgl. Abbildung 1).
Das Unternehmen verfügt über mehrere Geschäftsbereiche (GB). Einer davon wird hier herausgegriffen. Dieser Geschäftsbereich umfasst drei Teilmärkte, die zugleich Profit-Center darstellen, die zu den Geschäftsfeldern Inland und Ausland zusammengefasst werden.
Den Profit-Centern werden die Erlöse und Kosten zugeordnet, die ihnen ohne Schlüsselung unmittelbar zugerechnet werden können. Es resultiert der Deckungsbeitrag der drei Profit- Center. Fasst man die beiden Profit-Center Nord und Süd zum Geschäftsfeld Inland zusammen, so kann man auf dieser Ebene die Kosten für die Leitung dieses Geschäftsfelds abziehen – es resultiert der Deckungsbeitrag des Geschäftsfelds Inland. Analog wird beim zweiten Geschäftsfeld vorgegangen. Schließlich werden die beiden Ergebnisse der Geschäftsfelder addiert. Davon können jetzt die Kosten für die Leitung des Geschäftsbereichs subtrahiert werden, und man erhält den Ergebnisbeitrag des Geschäftsbereichs.
Übergeordnete Kosten des Gesamtunternehmens, zum Beispiel für die Stabsbereiche oder die Geschäftsführung, fließen also bei der entscheidungsorientierten und damit teilkostenorientierten Version der Geschäftsfeldrechnung nicht ins Geschäftsfeldergebnis ein.
Die Ergänzung zur Vollkostenrechnung ist möglich, wenn – wie dies auch im Beispiel erfolgte – indirekte Kosten, etwa auf Basis einer Prozesskostenrechnung, einbezogen werden; vgl. Abbildung 1 zum Teilkostenmodell und zum Vollkostenmodell (Legende: KST =Kostenstelle; PK = Personalkosten; SK = Sachkosten; GB = Geschäftsbereich; DB = Deckungsbeitrag; GF = Geschäftsfeld).
Abbildung 1: Geschäftsfeldrechnung und gestufte Deckungsbeitragsrechnung (Teilkostenansatz)
Abbildung 2: Geschäftsfeldrechnung und gestufte Deckungsbeitragsrechnung (Vollkostenansatz)
Es bietet sich an, für die einzelnen Profit-Center und Geschäftsfelder auch Kennzahlen, zum Beispiel die Umsatzrentabilitäten oder die Cost-Income-Ratio, zu ermitteln. Auch hier kann zwischen dem Teil- und dem Vollkostenmodell unterschieden werden.
So beläuft sich die Umsatzrentabilität von Profit-Center 1 im Teilkostenmodell auf 2.425.000/5.500.000 = 44,09 % (beziehungsweise unter Vollkosten auf 1.262.500/5.500.000 = 22,95 %), vgl. Abbildung 3.
Abbildung 3: Geschäftsfeldrechnung und Kennzahlen (exemplarisch; Teil- und Vollkostenansatz)
Nunmehr wird der Blick auf die Kreditinstitute gerichtet. Hier sollte die Geschäftsfeldrechnung in Abhängigkeit vom verfolgten Rechenzweck als Periodenrechnung sowie als Barwertrechnung aufgebaut werden. Letztere weist den Vorteil auf, den Neugeschäftserfolg angeben zu können.
Man beachte, dass der Deckungsbeitrag hier der Kürze halber als Bruttomarge nach Abzug der einzelgeschäftsbezogenen zurechenbaren Kosten ausgewiesen wird. Das Schema ist unabhängig von der Ausgestaltung als Perioden- oder Barwertrechnung (vgl. Abbildung 4).
Abbildung 4: Geschäftsfeldrechnung bei Kreditinstituten
Die Deckungsbeitragsrechnung wird in der Praxis vielfach ergänzt durch den Abzug von anteiligen Overhead Costs (Gemeinkosten) und gegebenenfalls auch um einen Abzug für den angestrebten Gewinnbedarf. Es verbleibt damit der Ergebnisbeitrag.
Ökonomisch sind die beiden Begriffe unterschiedlich zu interpretieren: Der Deckungsbeitrag entfällt, wenn die Vertriebseinheit aufgelöst würde, während die anteiligen Overhead Costs dennoch anfallen würden.
Bei einem marktbezogenen Schnitt der Geschäftsfelder, wie im Ausgangsbeispiel einer Unterteilung anhand von Vertriebsregionen oder wie im Fall der Kreditinstitute für Kundensegmente (Privat- und Firmenkundenbank), lässt sich die Idee der gestuften Deckungsbeitragsrechnung zumeist einfach realisieren. Kostenschlüsselungen können entsprechend weitgehend vermieden werden.1
Unterteilt man hingegen die Geschäftsfelder nach Produkten beziehungsweise Produktgruppen, dann lässt sich diese Idee zwar auch beibehalten, aber möglicherweise rechnet man dann den Profit-Centern und Geschäftsfeldern nur sehr geringe Kosten zu, weil viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Erstellung mehrerer Produkte beteiligt sind. In diesem Fall kommt die pragmatische Kostenverteilung anhand der Prozesskostenrechnung in Betracht.
Kostenallokation anhand der Prozesskostenrechnung2
Im Detail wird nachfolgend bewusst vereinfacht auf die Beratung und Eröffnung eines klassischen Sparbuchs plakativ Bezug genommen.
Diese Marktleistung setzt sich aus mehreren Teilleistungen zusammen, die in verschiedenen Kostenstellen erbracht werden. Im Beispiel muss deshalb für jede der beteiligten Kostenstellen geplant werden, welche Prozessschritte zu erbringen sind (Stückliste) und wie lange der jeweilige (Teil-)Prozess standardmäßig dauert. An dieser Stelle wird nur eine der leistungserbringenden Kostenstellen herausgegriffen.
Die in Abbildung 5 näher erläuterte mengen- und zeitmäßige Beschäftigungsplanung für die zu erbringenden Leistungen beziehungsweise Prozesse ergibt im Beispiel 7.250 Standardstunden bezogen auf die Planperiode (Jahr). Die Planung basiert auf der effektiven maximalen Arbeitszeit pro Mitarbeiter in Höhe von 1.680 Stunden (365 Kalendertage nach Abzug von Sonn- und Feiertagen, Urlaubs-, Krankheits- und Fortbildungszeiten). Bei fünf Beschäftigten beträgt die Maximalkapazität folglich 8.400 Stunden. Die Beschäftigungsplanung liegt mit 7.250 Stunden deutlich darunter, da nicht unmittelbar produktive Zeiten in Form der sogenannten dispositiven Zeiten3 einzuplanen sind.
Abbildung 5: Beschäftigungsplanung
Die Prozesskostenrechnung samt Erläuterungen zur Kostenplanung ist der vereinfachten Darstellung in Abbildung 4 zu entnehmen. Sie bezieht sich beispielhaft auf die Leistungserstellung in einem Marktbereich des Instituts. Die für das Planjahr geplanten Kosten betragen im Beispiel 335.000 Euro. Der Vollkostensatz beläuft sich folglich auf 46,21 Euro (=335.000/7.250).
Abbildung 6: Kostenarten- und Kostenstellenplanung
Wie der Beschäftigungsplanung in Abbildung 5 zu entnehmen ist, werden die dispositiven Zeiten über den Plankostensatz in Höhe von 46,21 Euro mitverrechnet, folglich im Angebotspreis eingepreist und somit am Markt „verdient“.
Als Ergebnis der Kostenallokation auf Basis der Prozess- beziehungsweise Standardkosten resultieren die der Marktleistung „Kontoeröffnung Sparbuch“ zuzurechnenden Prozesskosten in Höhe von 46,21 Euro * 0,5 = 23,10 Euro.4
Wichtig ist die Interpretation dieser Kostenzuordnung. Die betrachtete Marktleistung bindet Personalkapazitäten im dargestellten zeitlichen Umfang, die in Stückkosten umgerechnet werden. Aus Controlling-Sicht sollten diese Kosten über die Bruttomarge mitverdient werden. Gleichwohl sind diese fixen Gemeinkosten kurzfristig nicht veränderlich, insbesondere ergibt sich keine Kosteneinsparung, wenn ein Sparbuch weniger eröffnet wird.
Fazit
Die Geschäftsfeldrechnung erlaubt die Messung der Wertschöpfung der unterschiedlichen Geschäftsfelder. Um den eingangs erhobenen Anspruch einzulösen, den Profit- Center- beziehungsweise Geschäftsfeldverantwortlichen nur die von ihnen beeinflussbaren Erfolge zuzurechnen, ist prinzipiell auf den Teilkostenansatz in Verbindung mit der gestuften Deckungsbeitragsrechnung abzustellen.
In Abhängigkeit vom Zuschnitt der Geschäftsfelder kann man jedoch bisweilen eine pragmatische Kostenschlüsselung kaum vermeiden.
Die Prozesskostenrechnung erlaubt eine stringente Beschäftigungsplanung und die Ermittlung von nachvollziehbaren Planstückkosten, die infolge der plausiblen Kostenschlüsselung anhand der „Stoppuhr“ beziehungsweise Standardzeiten auf Akzeptanz stoßen dürfte. Beschäftigungsvariable Kosten werden damit jedoch nicht erzeugt – dies ist bei der Interpretation zu beachten. Bei Kreditinstituten bestehen konzeptionell keine Unterschiede zu anderen Branchen. Allerdings ist auf die wertorientierte Sicht im Schema der Geschäftsfeldrechnung abzustellen, wenn Neugeschäftserfolge dargestellt werden sollen.
Quellen und weiterführende Hinweise
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1. Werden Prozesskosten einbezogen, liegt streng genommen eine Schlüsselung „per Stoppuhr“ vor. Vielfach wird diese Form der Kostenzurechnung aber von den Profit-Center-Verantwortlichen akzeptiert. Vgl. auch die folgenden Ausführungen zur Prozesskostenrechnung.
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2. Vgl. Wimmer: Bankkalkulation und Risikomanagement, 4. Aufl. Berlin 2023, S. 252–263.
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3. Zum Beispiel Zeiten für die Informationsaufnahme, Abstimmungen und Meetings. Diese werden auch als leistungsmengenneutrale Prozesse bezeichnet.
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4. Hier wären noch die tatsächlich variablen Kosten von zum Beispiel drei Euro zu addieren, falls ein Sparbuch beziehungsweise eine Spar-Card ausgehändigt wird.



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