Interview: „Im Risikomanagement und Meldewesen wird der Mensch nicht durch KI ersetzt werden.“
NEWS 01/2025
Welchen Herausforderungen müssen sich Risikomanagement und Meldewesen in Zukunft stellen? Welche Möglichkeiten gibt es, dem Fachkräftemangel zu begegnen? Und welche Chancen bietet KI-Lösungen im Banking. Über diese und viele weitere Themen sprechen Anke Linz und Holger Dürr, msg for banking, mit Stefan Jakobi, Head of Finance bei AKA Ausfuhrkredit-Gesellschaft mbH.
- Wo sehen Sie in Zukunft die größte Herausforderung im Risikomanagement und Meldewesen?
- Mit welchen Maßnahmen managen Sie die vielen komplexen Themen?
- Wie hat sich in den letzten Jahren das Arbeiten in der AKA verändert?
- Welche Potenziale sehen Sie für KI im Risikomanagement und Meldewesen?
- Wo schlagen sich in der AKA die Hauptrisiken der BaFin und ESG-Risiken am stärksten nieder?
- Wie stellen Sie sich das Risikomanagement und das Meldewesen im Jahr 2035 vor?
- Über die AKA
Herausforderungen im Risikomanagement und Meldewesen
Welchen Herausforderungen müssen sich Risikomanagement und Meldewesen in Zukunft stellen? Welche Möglichkeiten gibt es, dem Fachkräftemangel zu begegnen? Und welche Chancen bieten KI-Lösungen im Banking.
Über diese und viele weitere Themen sprechen Anke Linz und Holger Dürr, msg for banking, mit Stefan Jakobi, Head of Finance bei AKA Ausfuhrkredit-Gesellschaft mbH.
Herr Jakobi, wir möchten uns mit Ihnen über die Themen Risikomanagement und Meldewesen austauschen. Wo sehen Sie die größte Herausforderung für die Zukunft? Eher im Bereich Komplexität durch neue aufsichtsrechtliche Anforderungen? Oder in einer adäquaten personellen Aufstellung in Ihren Abteilungen? Stichwort Fachkräftemangel.
Stefan Jakobi: Ich sehe es ein bisschen als eine Mischung aus beiden Themen.
Natürlich gibt es immer wieder neue Anforderungen der Aufsicht, wie zum Beispiel im Risikomanagement mit dem IRRBB im letzten Jahr. Hier wird sicherlich mit CSRBB auch noch Ähnliches wie bei IRRBB auf uns zukommen. Oder im Meldewesen, wo die regulatorischen Anforderungen ja auch nicht stehen bleiben – selbst wenn die Einführung von IReF jetzt nach hinten verschoben wurde.
Es ist schon eine Herausforderung, diese Anforderungen, die immer granularer vom Regulator kommen, mit den in der Bank eingesetzten Systemen adäquat zu stemmen.
Und natürlich ist auch bei uns, wie in anderen Branchen, der Fachkräftemangel ein ganz großes Thema. Es ist schwierig, im Thema Regulatory & Risk Spezialisten zu finden. Wir hatten es in den letzten Jahren oft schwer, offene Stellen wieder zu besetzen.
Jetzt probieren wir, jüngere Leute fürs Meldewesen und Risikomanagement zu begeistern und ihnen etwas in Richtung Weiterentwicklung anzubieten. Denn meines Erachtens gibt es spannende Themen im Risikomanagement und im Meldewesen. Die AKA bietet hier als spezialisiertes Kreditinstitut einen umfassenden Ein- blick in die Umsetzung der regulatorischen Anforderungen. Und die Arbeit geht in diesem Bereich auch nie aus, denn der Regulator findet ja immer wieder neue Themen (lacht).
Also, wie gesagt, es ist eine Mischung aus beiden Herausforderungen – nämlich die immer komplexer werdenden regulatorischen Anforderungen mit qualifiziertem Personal zu bewältigen.
Wie gehen Sie bei so vielen komplexen Themen vor, um diese frühzeitig zu managen? Sie haben eben schon die Qualifizierung von jungen Menschen bei Ihnen in der Bank angesprochen. Welche Maßnahmen ergreifen Sie noch?
Einerseits sind wir bei fachlichen Anforderungen immer in engem Austausch, wie beispielsweise mit msg for banking in der IREF-Community. Oder bei der Unterstützung bei IRRBB. Auch hier waren wir, zusammen mit msg for banking, relativ früh dran mit der Umsetzung.
Im Bereich Personal müssen wir es natürlich schaffen, auch als kleine Bank als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.“
Stefan Jakobi Head of Finance bei AKA Ausfuhrkredit-Gesellschaft mbH
Andererseits sind wir immer daran interessiert, softwareseitig Standardlösungen einzusetzen. Die werden von unseren bankspezifischen Vorsystemen mit Daten beliefert, sodass wir mit entsprechender Softwareunterstützung die regulatorischen Anforderungen handhaben können.
Im Bereich Personal müssen wir es natürlich schaffen, auch als kleine Bank als attraktiver Arbeitgeber gesehen zu werden. Dafür gibt es verschiedene Stell- schrauben. Sei es eine gute Homeoffice-Regelung, die eine gewisse Flexibilität bietet und die Vorteile von Homeoffice und Büro kombiniert.
Oder seien es Trainee-Programme, so wie wir sie seit einigen Jahren anbieten. Das heißt, wir stellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezielt als Trainees für den Fachbereich ein, bilden sie dann aber auch noch in den angrenzenden Gebieten aus, um ihnen einen Gesamtblick auf die Bank zu vermitteln. So können sie speziell bei der AKA ein bisschen mehr über den Tellerrand hinausschauen, als das in den größeren Instituten mit eingeschränkten Arbeitsgebieten der Fall ist.
Und das, denke ich, macht es auch attraktiver, in einer kleinen Bank zu arbeiten. Man kann die vielfältigen Facetten des Exportfinanzierungsgeschäfts bei der AKA besser kennenlernen.
Wie hat sich in den letzten Jahren das Arbeiten in Ihrem Bereich, in der AKA verändert? Zum einen durch die Homeoffice-Regelungen und Videokonferenzen. Zum anderen aber auch durch den schnellen Rhythmus der neuen aufsichtsrechtlichen Anforderungen.
In der Coronazeit war bei der AKA aufgrund der äußeren Umstände relativ viel Homeoffice möglich. Nun haben wir schon seit längerer Zeit eine 50-50-Regelung. Aber gefühlt geht der Trend ja wieder mehr zurück ins Büro. Wenn auch mit dem Ziel, die Flexibilität für Homeoffice zu erhalten. Wir müssen als mittelständiges Institut schauen, wie wir optimal die Vorteile sowohl von Homeoffice als auch von Präsenz vor Ort kombinieren können.
Bei uns im Bereich Risikomanagement und Meldewesen funktioniert die Zusammenarbeit auch mit Videokonferenzen gut. Es war natürlich schon eine Umstellung im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit, wo immer alle montags bis freitags im Büro gearbeitet haben. Aber darauf haben wir uns sehr gut eingestellt.
Doch ich denke, dass eine verstärkte Rückkehr ins Büro vorteilhaft ist, allein wegen des direkten Austauschs untereinander. Auch besonders bei Weiterbildungen oder Konferenzen, die ja lange nur online stattgefunden haben, bin ich inzwischen ein Freund von Vor-Ort-Veranstaltungen. Einfach wegen der Chance, Networking zu betreiben und sich direkt persönlich austauschen zu können.
Im Hinblick auf neue aufsichtsrechtliche Anforderungen kommt, ich hatte es ja schon gesagt, immer wieder et- was Neues auf uns zu. Es gibt natürlich Bemühungen von der deutschen Kreditwirtschaft, die von der BaFin angekündigten Erleichterungen für kleine Institute, auch für die anderen LSI zu erweitern – wozu die AKA auch noch zählt. Hier ist es möglich, durch Proportionalität und Erleichterungen eine gute Balance zwischen regulatorischen Anforderungen und Wirtschaftlichkeit zu erzielen.
Es gibt genug zu tun im Risikocontrolling und im Meldewesen, und wir müssen schauen, dass das auch für Spezialkreditinstitute wie die AKA handhabbar bleibt.“
Stefan Jacobi Head of Finance bei AKA Ausfuhrkredit-Gesellschaft mbH
Es ist klar, dass die Aufsicht durch unser international geprägtes Geschäftsmodell im Rahmen der Exportfinanzierung immer ein „wachsames Auge“ auf die AKA hat. Aber wie gesagt, wir erhoffen uns eine Initiative für mehr Erleichterungen auch für kleinere Nicht-SNCI-Institute – um nicht von der vollen Regulatorik ungebührlich getroffen zu werden.
Sie sehen, es gibt genug zu tun im Risikocontrolling und im Meldewesen, und wir müssen schauen, dass das alles auch für Spezialkreditinstitute wie die AKA handhabbar bleibt.
Die AKA mit ihren Exportfinanzierungen ist ein international agierendes Unternehmen. Ich habe gelesen, dass Sie schon frühzeitig auf neue Technologien gesetzt haben. Auch beim Thema Sprache und Kommunikation, was ja sicherlich gerade im internationalen Umfeld eine große Erleichterung ist. Wie sehen Sie bei der AKA das Thema künstliche Intelligenz und neue Technologien in einem Bereich wie Risikomanagement und Meldewesen? Welche Potenziale sehen Sie?
Ja, das sind schon interessante Ansätze. Man muss natürlich immer auf die Regulatorik schauen, was wo möglich ist. Aber wir haben uns als AKA bereits in einzelnen Themenbereichen KI-Lösungen angenähert. In der Übersetzung von standardisierten Verträgen in verschiedenen Sprachen beispiels- weise. Solche Technologien können den Arbeitsalltag relativ einfach entlasten. Hier sind wir derzeit in einem Pilotprojekt.
Speziell im Risikomanagement und Meldewesen kann ich mir vorstellen, dass KI gerade bei der Analyse von größeren Datenmengen eine Hilfestellung sein kann. Oder bei der Zusammenfassung von regulatorischen Anforderungen. Oder auch, wenn ich mir einen Überblick verschaffen möchte, was es alles an Dokumenten gibt.
Im Risikomanagement und im Meldewesen wird der Mensch nicht durch KI ersetzt werden.“
Stefan Jacobi Head of Finance bei AKA Ausfuhrkredit-Gesellschaft mbH
Dem regulatorischen Wust an Unterlagen – wie zum Beispiel den EBA-Guidelines mit ihren vielen Seiten, den EZB-Leitlinien und Gesetzestexten usw. – kann ich mich mit KI-Lösungen oder neuen Technologien einfach besser nähern und sie mir zusammenfassen lassen.
Eine Lösung zum anschließenden Abgleich mit den internen Governance-Dokumenten und das Aufzeigen von Regelungslücken wären eine echte Erleichterung in der Risikosteuerung der AKA. Solche Themen verbinde ich mit dem potenziellen Einsatz von neuen Technologien in meinem Arbeitsbereich.
Im Bereich Sprache ist die Übersetzung von offiziellen Texten natürlich immer schwierig. Man merkt es ja sogar bei offiziellen Übersetzungen. Auch da sind regulatorische Begriffe nicht immer eindeutig übersetzt oder führen zu Missverständnissen. Hier muss man ganz genau hinschauen beziehungsweise die eingesetzte Lösung entsprechend trainieren.
Sie sehen, im Risikomanagement und im Meldewesen wird der Mensch nicht durch KI ersetzt werden. Aber eine deutliche Arbeitserleichterung kann die Technologie schon bringen.
Auch die Themen Nachhaltigkeit und ESG sind in aller Munde. Gerade hat die BaFin die Hauptrisiken für 2025 veröffentlicht, und auch ESG wurde wieder genannt. Wo schlagen sich bei Ihnen in der Exportfinanzierung diese Themen am stärksten nieder?
Im Rahmen der Exportfinanzierung gibt es durch die Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise durch die Euler Hermes, die den Großteil unseres Geschäfts absichern, sogenannte Sektorleitlinien. Darin ist festgelegt, welche Ausschlüsse es gibt oder welche Art von Geschäften von der Bundesrepublik Deutschland unter welchen ESG-Aspekten garantiert werden. Auf diese Weise wirkt das Thema direkt auf das Kreditgeschäft.
Und natürlich gibt es bei den internationalen Kreditnehmern der AKA auch physische Risiken, beispielsweise durch den Klimawandel. Es ist bei uns schon Thema, welchen Einfluss ESG-Risiken auf unser Rating haben. Unsere bestehenden Rating-Systeme sind sehr trennscharf und auf die Prognosefähigkeit von einem Jahr ausgerichtet. Aber in diesem Zeitraum wirken eben noch keine ESG-Risiken.
Eine Integration von ESG-Faktoren in die Risikosteuerung erweist sich derzeit noch als schwierig, da es entgegen anderer Risikofaktoren an einer ausreichenden Datenhistorie mangelt. Die AKA versucht, sich hier an Best-Practice-Ansätzen im Bereich ESG zu orientieren.
Natürlich schauen wir auch, wie sich das Thema ESG im Risikomanagement auswirkt, und führen ESG-Stresstests und so weiter durch. Wir beschäftigen uns also gemäß den regulatorischen Anforderungen mit diesem Thema. Aber akut sind wir hier von ESG-Risikofaktoren derzeit nicht betroffen.
Abschließend möchte ich Sie noch um einen Blick in die Zukunft bitten. Wie stellen Sie sich das Risikomanagement und das Meldewesen im Jahr 2035 vor?
Ja, wenn ich jetzt mal zehn Jahre weiterdenke, würde ich sagen, bis dahin haben wir die IReF-Einführung wahrscheinlich geschafft (lacht). Und ich vermute, dass wir bis dahin mehr Prozesse automatisiert haben. Von der Aufsicht werden immer granularere Daten gefordert, die dann auch analysiert werden müssen.
Deshalb glaube ich, dass es einen Wandel im Mitarbeiterbild in den Bereichen Meldewesen und Risikomanagement geben wird. Weg vom Experten für einzelne Meldebögen und Modellspezialisten, hin zu Datenspezialisten. Menschen, die Daten analysieren und Auffälligkeiten und Abweichungen finden können. Mehr Automatisierung bedeutet aber wahrscheinlich auch weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Hier werden neue Technologien auf Basis von KI unterstützen und wenige, aber spezialisierte Menschen diese automatisierten Daten noch mal einer Qualitätskontrolle unterziehen, bevor sie an die Aufsicht gehen.
Ganz herzlichen Dank, Herr Jakobi, für Ihre Einschätzungen und Antworten zu diesen Themen.
Gerne, ich bedanke mich auch.
Über die AKA Ausfuhrkredit-Gesellschaft mbH (AKA)
Die AKA arbeitet seit 1952 als Spezialkreditinstitut für Export- und internationale Handelsfinanzierungen. Dabei kooperiert sie mit einer Vielzahl von Marktteilnehmern, darunter Banken, Exporteure, Importeure, Investoren und europäische Export Credit Agencies (ECAs). Der Schwerpunkt ihrer Geschäftsaktivität liegt auf Finanzierungen und Risikoübernahmen in Emerging Markets (EM). Die Vision der AKA ist es, in Zeiten der Transformation als etablierter Spezialfinanzierer die Relevanz für ihre Partner zu stärken – in Export und Trade Finance und darüber hinaus. Dabei bietet die AKA ihrem Partnernetzwerk individuelle und standardisierte Lösungen sowie Risikokapazität auf Basis tiefgreifender Erfahrung im Trade- und Export-Finance-Markt.


Sie müssen sich anmelden, um einen Kommentar zu schreiben.