Umsetzung der EBA-Anforderungen an IRRBB und CSRBB mit der 8. MaRisk-Novelle
NEWS 02/2024
Dieser Artikel beschreibt die Neuerungen der 8. MaRisk-Novelle und gibt Empfehlungen für die Umsetzung der Anforderungen.
Abstract
Die BaFin hat am 29.05.2024 die 8. Novelle der MaRisk1 veröffentlicht. Diese Novelle hat zwei Schwerpunkte: zum einen verschiedene, aber eher kleine Ergänzungen zu IRRBB2, den Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch und zum anderen deutlich erweiterte Anforderungen bezogen auf CSRBB3, die Kreditspreadrisiken im Anlagebuch.
Der vorliegende Artikel beschreibt diese Neuerungen der 8. MaRisk-Novelle und gibt Empfehlungen für die Umsetzung der Anforderungen.
Umsetzung von EBA-Leitlinien mit der 8. MaRisk-Novelle
Mit der 8. MaRisk-Novelle überführt die BaFin die Anforderungen der EBA-Leitlinien zu Zinsänderungsrisiken und Kreditspreadrisiken im Anlagebuch, die im Oktober 2022 veröffentlicht wurden, in die deutsche Verwaltungspraxis. Die BaFin hat diese EBA-Anforderungen mit Veröffentlichung der Novelle vollständig und für alle Kreditinstitute übernommen.
Bezogen auf IRRBB gibt es keine Umsetzungsfrist. Die wenigen IRRBB-Ergänzungen der MaRisk sind also am 29.05.2024 unmittelbar in Kraft getreten.
Für die umfangreichen CSRBB-Neuerungen gibt es eine Umsetzungsfrist bis zum 31.12.2024. Sie betrifft die LSI4. Für die SI, also die bedeutenden, direkt von der EZB beaufsichtigten Institute, gelten diese Anforderungen schon seit dem 31.12.2023.
Nur Detailänderungen bezogen auf IRRBB
Die Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch zählen seit der ersten Veröffentlichung der MaRisk im Jahr 2005 zu den in der Regel für Kreditinstitute wesentlichen Risikoarten und werden im Kapitel BTR 2.35 behandelt. Daher sind die aufsichtlichen Vorgaben schon seit Jahrzehnten etabliert und inzwischen weitgehend stabil. Die MaRisk haben den Umfang der EBA-Leitlinien zu IRRBB auch bisher schon im Wesentlichen abgedeckt.
Auch die IRRBB-Ergänzungen mit der 8. MaRisk-Novelle finden sich vor allem in Kapitel BTR 2.3. Sie betonen, dass die beiden Perspektiven der Risikomessung und -steuerung, die wertorientierte barwertige Perspektive und die ertragsorientierte periodische Perspektive, mit gleicher Wichtigkeit zu adressieren sind. Zusätzlich haben die MaRisk noch ein paar Details zur Einlagenmodellierung explizit festgeschrieben.
Für den Umgang mit verschiedenen Währungen verweisen die MaRisk auf die Tz. 91 der EBA-Leitlinien, in der insbesondere für Währungen mit einem Anteil von mindestens 5 %6 die Simulation von währungsspezifischen Zinsszenarien gefordert wird. Diese Konkretisierung von Schwellenwerten unterscheidet EBA-Papiere häufig von Rundschreiben der BaFin. Sie erleichtert aus unserer Sicht die praktische Umsetzung der aufsichtlichen Vorgaben.
Erhebliche Änderungen bezogen auf CSRBB
Die MaRisk wurden mit der 8. Novelle um ein eigenes Kapitel BTR 5 erweitert, das die aufsichtlichen Anforderungen speziell an das Risikomanagement der Kreditspreadrisiken enthält. Es ist vor allem dieses Kapitel, das die CSRBB-Anforderungen der EBA auch für deutsche LSI übernimmt. Die Implementierung angemessener Risikomess- und Steuerungsverfahren für die Kreditspreadrisiken dürfte für die meisten Institute mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden sein.
Zwar wurde in der finalen Fassung der MaRisk auf eine Einstufung von Kreditspreadrisiken als grundsätzlich wesentliches Risiko verzichtet. Aber die neuen Anforderungen sind trotzdem erheblich.
Wie bei IRRBB müssen die Institute auch CSRBB in einer wertorientierten barwertigen Perspektive und in einer ertragsorientierten periodischen Perspektive betrachten. Es steht ihnen frei, ob diese Betrachtung als Unterkategorie der Marktpreis- oder der Adressrisiken oder als separate, eigenständige Risikokategorie erfolgt.
Allerdings müssen die Institute alle Positionen des Anlagebuchs darauf überprüfen, ob sie einem Kreditspreadrisiko in einer der beiden Perspektiven unterliegen. Sie müssen alle Ausschlüsse begründet dokumentieren. Dieser Punkt dürfte bei vielen Banken einen deutlichen Aufwand verursachen.
Zusätzlich müssen die Häuser festlegen, in welchem Umfang sie idiosynkratische Komponenten in die Risikomessung einbeziehen. In vielen Fällen ist es gar nicht praktikabel, solche idiosynkratischen Bestandteile auszuschließen, weil die verfügbaren Marktdaten das kaum hergeben. Dann müssen die Institute plausibel begründen, warum ihr Ansatz zu konservativeren Ergebnissen führt.
Die BaFin betont an verschiedenen Stellen der MaRisk in Übereinstimmung mit den CSRBB-Leitlinien der EBA die umfassende Bedeutung der Kreditspreadrisiken für das Risikomanagement:
Die Kreditspreadrisiken müssen auch bei der Beurteilung der Risikotragfähigkeit berücksichtigt werden.
Die Institute müssen außerdem beachten, dass ihre Stresstests in angemessener Weise Kreditspreadrisiken einschließen.
Und sie müssen eine konsistente und umfassende Berücksichtigung der Kreditspreadrisiken in allen relevanten Themengebieten von der Risikostrategie über die regelmäßige Validierung bis zur Risikoberichterstattung und auch in der internen Organisation sicherstellen.
Noch kein etablierter Standard für den Umgang mit Kreditspreadrisiken
Nach unserer Wahrnehmung hat sich noch kein Standard bei CSRBB herausgebildet, der mit IRRBB vergleichbar wäre. Das ist nicht verwunderlich, da sich die Aufsicht und die Banken ja schon erheblich länger mit IRRBB beschäftigen. Es ist also zu erwarten, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis der Umgang mit Kreditspreadrisiken ein ähnliches Niveau erreicht hat.
Der wichtigste Punkt ist nach unserer Erfahrung der Umfang der zu betrachtenden Positionen des Zinsbuchs. Hier ist die Haltung der Banken bislang sehr unterschiedlich:
Es gibt die Häuser, die fast das gesamte Zinsbuch, Aktiva, Passiva und außerbilanzielle Positionen, in die CSRBB-Messung einbeziehen und nur bestimmte Derivate, beispielsweise Zinsswaps, ausschließen.
Auf der anderen Seite des Spektrums gibt es die Häuser, die am liebsten möglichst wenig am bestehenden Risikomanagement ändern und nur für die marktbewerteten Anleihen der Liquiditätsreserve das Kreditspreadrisiko messen möchten. Diese enge Mindestvorgabe besteht schon seit den 2018er-Leitlinien der EBA.
Ein weiterer Aspekt ist die Ableitung der Kreditspreadszenarien. Auch hier gibt es aus unserer Sicht noch kein etabliertes Vorgehen. Es stellt sich die Frage, wie idiosynkratische Einflüsse ausgeschlossen werden können oder in welchem Umfang sie gegebenenfalls im CSRBB enthalten sein können. Es gilt, eine Überschneidung des Kreditspreadrisikos mit dem Migrationsrisiko zu vermeiden, das ja zum Kreditrisiko gehört.
CSRBB-Meldewesen
Wir erwarten zudem, dass das Meldewesen in den nächsten Jahren um Kennzahlen zum Kreditspreadrisiko erweitert wird. Erste Hinweise liefert die Short- Term-Exercise-Meldung der EZB. Mit dieser Meldung müssen alle EZB-beaufsichtigten Institute seit dem 31.12.2023 für Kreditspreadszenarien barwertige und ertragsorientierte Kennzahlen melden.
Die STE-Meldung enthält die Kennzahlen EVE, NII und MV7 im Basisszenario und ihre Veränderung bei einer von jedem Institut individuell vorzugebenden Ausweitung und Verengung der Kreditspreads.
Die Ergebnisse sind für ein vorgegebenes Bilanzschema mit verschiedenen Zeilen getrennt nach Vermögenswerten, Verbindlichkeiten und außerbilanziellen Positionen auszuweisen. Die STE-Meldung hat große Ähnlichkeit zum Bogen J 03.00 der neuen IRRBB- Meldung.
Abbildung 1: Typische Phasen eines CSRBB-Projekts (zum Vergrößern anklicken)
Empfehlungen
Bezogen auf IRRBB sollte die sorgfältige Implementierung der neuen IRRBB-Meldung auch für eine gründliche Überprüfung und Qualitätssicherung des internen Zinsrisikomanagements genutzt werden.
Die Aufsicht legt nach unserer Einschätzung auf die verhaltensabhängige Modellierung einen größeren Wert als in der Vergangenheit. Das betrifft insbesondere die verhaltensabhängige Modellierung von Einlagen, von vorzeitigen Rückzahlungen im Kreditgeschäft und von vorzeitigen Kündigungen der Termineinlagen.
Außerdem sollte eine konsequente und gleichberechtigte Umsetzung der Risikomessung in wertorientierter und ertragsorientierter Perspektive sichergestellt sein.
Zusätzlich bietet es sich an, die von der EBA explizit vorgegebenen Schwellenwerte für die Entscheidung zu verwenden, ob ein Währungsrisiko wesentlich ist und über währungsabhängige Zinsszenarien gemessen werden sollte.
Auch wenn sich noch kein Standard für den Umgang mit Kreditspreadrisiken etabliert hat, lassen sich doch einige Empfehlungen für CSRBB aus zahlreichen Umsetzungsprojekten ableiten:
Es hat sich bewährt, das Thema der Kreditspreadrisikomessung mit allen oben geschilderten Aspekten ganzheitlich und umfassend zu betrachten. Wegen der vielen Parallelen zu IRRBB bietet sich eine Unterordnung der Kreditspreadrisiken unter die Marktpreisrisiken an.
Darüber hinaus ist es wichtig, für die Risikomessung eine zeitgemäße Softwarelösung einzusetzen, die die verschiedenen Aspekte und Perspektiven unterstützt, die aufsichtlich gefordert werden. Insbesondere muss ein Institut in der Lage sein, die Kennzahlen EVE, NII und MV unter Kreditspreadszenarien zu simulieren.
Quellen
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1. 8. MaRisk-Novelle für Kreditinstitute, BaFin, 29.05.2024
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2. IRRBB - interest rate risk arising from the banking book.
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3. CSRBB - credit spread risk arising from the banking book.
-
4. LSI – less significant institutions – weniger bedeutende Institute.
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5. BTR 2.3 „Marktpreisrisiken der Anlagebuchs (einschließlich Zinsänderungsrisiken)“.
-
6. Der Anteil von mindestens 5 % bezieht sich auf den Buchwert der Finanzanlagen oder der Verbindlichkeiten. Zusätzlich wird eine Abdeckung von mindestens 90 % der gesamten Finanzanlagen (ohne Sachanlagen) und der gesamten Verbindlichkeiten des Anlagebuchs gefordert.
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7. EVE – economic value of equity – wirtschaftlicher Wert des Eigenkapitals; NII – net interest income – Nettozinserträge; MV – market value – Marktwert.
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Die MaRisk machen transparent, was die BaFin in Sachen Risikomanagement von den Kreditinstituten erwartet. Seit Veröffentlichung der ersten Fassung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) Ende 2005 haben aktuelle Entwicklungen und internationale Regulierungsinitiativen dazu geführt, dass die MaRisk mehrfach überarbeitet wurde. Die 7. Novelle wurde am 29.06.2023 veröffentlicht. Ein Jahr später, am 29.05.2024, folgte bereits die 8. Novelle der MaRisk.

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Die Finanzwelt der Zukunft erfordert smarte, digitale Lösungen. Die komplexen branchenspezifischen, betriebswirtschaftlichen sowie regulatorischen Anforderungen beschleunigen die Entwicklung bei den Finanzinstituten, eine Konsistenz zwischen Meldewesen, Risikomanagement und Compliance sicherzustellen. Eine Trennung dieser Themen wird es in Zukunft nicht mehr geben. Vielmehr werden sie Aspekte einer integrierten Banksteuerung sein. Daher sind für die Steuerung einer Bank zukünftig integrierte, vernetzte Lösungen und moderne Services in der Cloud, die sowohl die Komplexität jedes Einzelthemas als auch die Konsistenz zwischen den Themen abbilden, essenziell. In unserer Serie "Finance, Risk, Regulatory Reporting & Compliance" stellen wir die aktuellen Entwicklungen vor.



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