Nachhaltige Veranlagung: Ein Blick auf den österreichischen Bankenmarkt
NEWS 01/2024
Ein vierköpfiges Projektteam des Bachelorstudiengangs Betriebswirtschaft an der FH Salzburg hat im Rahmen eines Praxisprojekts "Nachhaltige Veranlagung" untersucht, wie ausgewählte österreichische Banken sowie eine deutsche Ökobank mit den regulatorischen Vorgaben zu einer nachhaltigen Veranlagung umgehen und wie verständlich die zu erbringenden Informationen für die Bankkunden aufbereitet werden.
Überblick
Studentinnen und Studenten im Bachelorstudium Betriebswirtschaft an der FH Salzburg führen im 5. Semester ein Praxisprojekt durch. Im Jahr 2023 wurde eines dieser Projekte von der Oberbank AG mit Sitz in Linz beauftragt.
Konkret sollte ein vierköpfiges Projektteam untersuchen, wie ausgewählte österreichische Banken sowie eine deutsche Ökobank mit den regulatorischen Vorgaben zu einer nachhaltigen Veranlagung umgehen und wie verständlich die zu erbringenden Informationen für die Bankkunden aufbereitet werden.
Nachhaltige Veranlagung bedeutet, vereinfacht formuliert, in Unternehmen zu investieren, die in ihren Geschäftsmodellen die Auswirkungen auf Umwelt und Klimawandel oder, breiter gefasst, im Hinblick auf die ESG-Faktoren hinreichend berücksichtigen.
Es fand sich ein Projektteam aus vier Studentinnen1 zusammen, das von Prof. Dr. Konrad Wimmer, der als Lehrbeauftragter die Rolle des Projekt-Coachs innehatte, sowie von Vertretern der Oberbank betreut wurde.
Für einen reibungslosen Start stellte die Bank dem Team gleich zu Anfang wichtige Basisinformationen zum regulatorischen Kontext zur Verfügung.
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Onlinerecherche sowie das ermittelte Ranking, bezogen auf die ausgewählten Banken (die in diesem Beitrag anonymisiert werden), dargestellt.
Abbildung 1: Vertreter der Oberbank AG als Auftraggeber: Daniel Haider, Mag. Severin Holzner, Rainer Bargfrieder, Erich Stadlberger; Projektteam der FH Salzburg: Antonia Friesenecker, Manuela Gschaider, Melanie Kappacher, Petra Pühringer; Projektcoach: Konrad Wimmer (msg for banking; Lehrbeauftragter an der FH Salzburg)
Regulatorische Rahmenbedingungen
Seit dem 10. März 2021 verpflichtet die „Sustainable Finance Disclosure Regulation“ (SFDR; EU-Verordnung 2019/2088) – kurz Offenlegungsverordnung – Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater dazu, bestimmte Daten zum Thema Nachhaltigkeit offenzulegen.2 Dazu müssen sie auf ihrer Homepage unter anderem die Strategien zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken bei ihrer Investitions- und Anlageentscheidung veröffentlichen.
Ziel der Verordnung ist, dass insbesondere Bankkunden als Adressaten erkennen, ob sich die mit der Wertpapieranlage finanzierten Investitionen ökologisch (im Sinne der ESG-Kriterien) positiv oder negativ auswirken. Zudem müssen diese Konsequenzen den potenziellen Anlegern auch in Produktbeschreibungen im Rahmen der vorvertraglichen Information zur Verfügung gestellt werden.
Unter welchen Voraussetzungen ein (Anlage-)Produkt als „nachhaltig“ eingestuft werden kann, regelt das Klassifikationssystem der EU-Taxonomie Verordnung 2020/852 (EU-TaxVO). In diesem Kontext dürfen Finanzprodukte als „nachhaltig“ oder „umweltfreundlich“ beworben werden, wenn
- die wirtschaftliche Tätigkeit zum Umwelt- und/oder Sozialziel beiträgt,
- die Investition keine anderen Umwelt- oder Sozial- ziele erheblich beeinträchtigt und
- Unternehmen, in die investiert wird, eine gute Unternehmensführung aufweisen.
Die SFDR stellt nicht nur die positiven Auswirkungen (positive impacts), sondern auch die Principal Adverse Impacts (PAIs), also die „hauptnachteiligen Auswirkungen“ von Anlageentscheidungen auf die ESG-Faktoren heraus.
Principal Adverse Impacts (PAIs)
Die PAI sind in Anhang I Tabelle 1 der DelVO (EU) 2022/1288, die die SFDR ergänzt, genannt und lauten, bezogen auf Investitionen in Unternehmen, in die investiert wird:
Klimaindikatoren und andere umweltbezogene Indikatoren
A. THG-Emissionen
- THG-Emissionen (differenziert nach Scope 1, 2, 3)
- CO2-Fußabdruck
- THG-Emissionsintensität der Unternehmen, in die investiert wird
- Engagement in Unternehmen, die im Bereich der fossilen Brennstoffe tätig sind
- Anteil des Energieverbrauchs und der Energieerzeugung aus nicht erneuerbaren Energiequellen
- Intensität des Energieverbrauchs nach klimaintensiven Sektoren
B. Biodiversität
- Tätigkeiten, die sich nachteilig auf Gebiete mit schutz- bedürftiger Biodiversität auswirken
C. Wasser
- Emissionen in Wasser
D. Abfall
- Anteil gefährlicher und radioaktiver Abfälle
Indikatoren in den Bereichen Soziales und Beschäftigung, Achtung der Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption und Bestechung
- Verstöße gegen die Grundsätze des UN Global Compacts und gegen die Leitsätze der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für multinationale Unternehmen
- Fehlende Prozesse und Compliance-Mechanismen zur Überwachung der Einhaltung der UNGC-Grundsätze und der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen
- Unbereinigtes geschlechtsspezifisches Verdienstgefälle
- Geschlechtervielfalt in den Leitungs- und Kontrollorganen
- Engagement in umstrittene Waffen (Antipersonenminen, Streumunition, chemische und biologische Waffen)
- THG-Emissionsintensität
- Länder, in die investiert wird, die gegen soziale Bestimmungen verstoßen
Anhang II der DelVO (EU) 2022/1288 enthält die vorvertraglichen Informationen zu den in Artikel 8 Absätze 1, 2 und 2a der SFDR und Artikel 6 Absatz 1 der EU-TaxVO genannten Finanzprodukten. Diese „Mustervorlagen“ muss das Institut entsprechend ausfüllen.
Artikel 6 der SFDR regelt die Transparenz bei der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken. Danach müssen die Finanzmarktteilnehmer vorvertraglich die Art und Weise, wie Nachhaltigkeitsrisiken bei ihren Investitionsentscheidungen einbezogen werden, erläutern sowie den zu erwartenden Auswirkungen von Nachhaltigkeitsrisiken auf die Rendite der zur Verfügung gestellten Finanzprodukte eingehen.
Artikel 8 SFRD regelt die Transparenz bei der Bewerbung ökologischer oder sozialer Merkmale in vorvertraglichen Informationen. Werden mit einem Finanzprodukt unter anderem ökologische oder soziale Merkmale oder eine Kombination aus diesen Merkmalen beworben, so müssen die offenzulegenden Informationen Angaben enthalten, wie die Merkmale erfüllt werden, und falls ein Index als Referenzwert bestimmt wurde, Angaben, ob und wie dieser Index mit diesen Merkmalen vereinbar ist.
Neben den Regulatorien des EU-Aktionsplans gibt es weitere internationale Standards und Rahmenwerke, die Standards und Empfehlungen für nachhaltige Investitionen entwickelt haben. Hervorzuheben sind:
UN Principles for Responsible Investment (UN PRI, Prinzipien für verantwortliches Investieren)
Die von der UN unterstützte Initiative verpflichtet die Unterzeichner dazu, ESG-Faktoren in ihre Anlageentscheidungen zu integrieren und nachhaltige Praktiken zu fördern. Sechs Prinzipien für verantwortungsvolle Investments sollen umgesetzt werden. Ziel ist es, die von Nachhaltigkeitsauswirkungen für Investoren zu verstehen und die Unterzeichner dabei zu unterstützen, diese Themen in ihre Investitionsentscheidungsprozesse einzubauen. Ein wichtiges Prinzip besteht darin, ESG- Themen in die Analyse- und Entscheidungsprozesse im Investmentbereich einbeziehen.
UN Global Compact
Der UN Global Compact ist eine Initiative der Vereinten Nationen. Die unterzeichnenden Unternehmen verpflichten sich zu zehn grundlegenden Prinzipien in den Be- reichen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung.
Beurteilungskriterien für eine nachhaltige Veranlagung
Abbildung 2: Kriterien der Benchmark-Tabelle
In Abstimmung mit dem Auftraggeber erstellte das Projektteam eine Benchmark-Tabelle, die die wichtigsten Kundeninformationen zur nachhaltigen Veranlagung enthält. Die Informationsanforderungen gehen dabei über die rein rechtlichen Vorgaben hinaus.
Die Ergebnisse der Onlinerecherchen zu den ausgewählten Banken wurden anschließend anhand dieser Tabelle verglichen. Für den Vergleich hat das Projektteam das Ampelsystem ausgewählt:
Abbildung 3: Benchmark und Ampellogik
Rot gilt für Informationsanforderungen, zu denen auf der jeweiligen Homepage keine Unterlagen gefunden wurden.
Grün gilt für Informationsanforderungen, zu denen online sehr umfangreiche Informationen vorhanden sind.
Für die Bewertung der einzelnen Institute entwickelte die Projektgruppe ein Punktbewertungssystem, um eine transparente und aussagekräftige Rangfolge unter den Instituten zu erhalten (Ranking). Abbildung 4 zeigt den Prozess, der in zwei Schritten abläuft.
Abbildung 4: Zweistufiges Punktbewertungssystem (zum Vergrößern Anklicken)
Im ersten Schritt werden die Teilziele anhand der befüllten Benchmark-Tabelle bewertet, die in die Kategorien K (Kriterien), N (Nachhaltigkeitsfaktoren) und A (Auswahlprozess) unterteilt sind. Im zweiten Schritt fließen die Punkte in die Gesamtbewertung ein, wobei die Kriterien mit 50 % den höchsten Anteil haben, da sie als unverzichtbare Informationsbedarfe betrachtet werden. Die Nachhaltigkeitsfaktoren und der Auswahlprozess tragen jeweils mit 25 % zum Gesamtziel bei. Durch das Ergebnis des KNA-Ratings kann eine transparente Rangliste der Banken erstellt werden.
Die Onlinerecherche zum Auswahlprozess für nach- haltige Veranlagungsmöglichkeiten fokussierte sich auf österreichische Banken, wobei eine deutsche Ökobank zum Vergleich einbezogen wurde. Dabei wurden der Auswahlprozess sowie die Qualitätsstandards in einem Ergebnisbericht zusammengefasst und der Informationsgehalt der einzelnen Banken-Websites mit der oben erläuterten Benchmark-Tabelle verglichen.
Die folgende Tabelle enthält die Ergebnisse der unter- suchten Banken, wobei die Ökobank als solche gekennzeichnet wurde. Es ergeben sich im Detail doch einige qualitative Unterschiede, wie die einzelnen Institute mit der Bereitstellung der benötigten Informationen für eine nachhaltige Veranlagung umgehen. Das Punktbewertungsverfahren versucht, die Informationen durch die vorgestellte Gewichtung „gleichnamig“ zu machen. Die Rankingdifferenzen dürfen gleichwohl nicht absolut im Sinne einer Abstandsmessung verstanden werden.
Abbildung 5: Ranking nachhaltige Veranlagung (12 österreichische Banken, 1 deutsche Ökobank) (zum Vergrößern Anklicken)
Fazit
Das von der Oberbank initiierte Projekt zur „Nachhaltigen Veranlagung“ führte zu interessanten Ergebnissen. Es zeigt, dass die österreichischen Banken doch recht unterschiedlich bei der Bereitstellung der für den Anleger relevanten Informationen vorgehen. Es zeigt außerdem, dass keineswegs einheitlich wichtige Auswahlkriterien, wie etwa die UN PRI, herangezogen werden.
Zwar lassen die Projektergebnisse keine allgemeingültigen Schlüsse zu, decken aber gleichwohl Verbesserungspotenziale auf, die sicher die eine oder andere Bank, wohl auch in Deutschland, aufgreifen dürfte.
Weitere Informationen und Einblicke bekommen Sie im Interview mit Erich Stadlberger, dem Vertreter der Oberbank.
Quelle und weiterführender Hinweis
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1. Das Team bestand aus Petra Pühringer (Projektleiterin), Melanie Kappacher, Manuela Gschaider und Antonia Friesenecker.
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2. vgl. Amtsblatt der Europäischen Union, VERORDNUNG (EU) 2019/2088. Als Finanzmarktteilnehmer gelten auch Kreditinstitute mit Portfolioverwaltung. Zu den Finanzberatern rechnen Kreditinstitute, die eine Anlageberatung anbieten.


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