Aufbau und Weiterentwicklung des Risikomanagements mit THINC in der SECB (NEWS 03/2023)
Die Swiss Euro Clearing Bank (SECB) stand Ende 2022 vor der Herausforderung, innerhalb eines kurzen Zeitraums sowohl die neuen Risikotragfähigkeitsanforderungen gemäß ICAAP- Leitfaden softwaregestützt umzusetzen als auch gleichzeitig das Risikomanagement zukunftssicher weiterzuentwickeln.
Abstract
Die Swiss Euro Clearing Bank (kurz SECB) stand Ende 2022 vor der Herausforderung, innerhalb eines kurzen Zeitraums sowohl die neuen Risikotragfähigkeitsanforderungen gemäß ICAAP- Leitfaden1 softwaregestützt umzusetzen als auch gleichzeitig das Risikomanagement zukunftssicher weiterzuentwickeln. In einem gemeinsamen Projekt mit msg for banking wurde innerhalb weniger Monate die Risikomanagementsoftware THINC integriert und gleichzeitig die Banksteuerung methodisch neu aufgesetzt sowie bestehende Verfahren weiterentwickelt.
Einleitung
Der systemseitigen Abbildung, Messung und Steuerung der wesentlichen Risikoarten von Kreditinstituten kommen aufgrund zahlreicher aufsichtsrechtlicher Anforderungen eine große Bedeutung zu. Durch die notwendige Umsetzung des ICAAP-Leitfadens zu Beginn des Jahres 2023 ist zudem eine Weiterentwicklung bisher verwendeter fachlicher Methoden und Nutzung der neuen Risikotragfähigkeit bis zum Berichtsstichtag 31.03.2023 notwendig geworden. Nach vorheriger überwiegend periodischer Messung von Risiken steht seit Jahresbeginn ein barwertnaher beziehungsweise barwertiger Ansatz bei der Ermittlung der Risikotragfähigkeit im Fokus.
Vor diesem Hintergrund entstand bei der SECB Ende 2022 die Notwendigkeit, kurzfristig eine neue Risikomanagementsoftware einzuführen, die die aufsichtlich geforderten Simulationen (ökonomisch und normativ) für die wesentlichen Risikoarten abdeckt. Gleichzeitig sollte die Chance genutzt werden, mit begrenzten Ressourcen eine Weiterentwicklung der bisherigen Konzeption im Risikomanagement zu erreichen.
Bündelung der Aktivitäten in einem begrenzten Zeitraum
Gemeinsam mit msg for banking wurde daher ein Integrationsprojekt initiiert, mit dem Ziel, innerhalb eines klar umrissenen Zeitraums THINC als Standardsoftware für das Risikomanagement zu implementieren. Damit sollten die aufsichtsrechtlichen Anforderungen erfüllt und insbesondere der ICAAP-Leitfaden umgesetzt wer- den. Gleichzeitig sollte ein deutlicher Mehrwert für die Banksteuerung erzeugt werden, indem die Vorgehensweise zur Ermittlung der Risikowerte und der eingesetzten Methoden und Verfahren mithilfe der langjährigen Erfahrung von msg for banking mit dem Vorgehen vergleichbarer Institute abgeglichen und optimiert wird.
Abbildung 1: Zeitstrahl Projektverlauf
Abbildung 2: Übersicht der Projektvorgehensweise
Abbildung 2 zeigt die konkrete Vorgehensweise im Projekt, die genutzt wurde, um die Technik zu implementieren und die Fachlichkeit parallel voranzutreiben.
Im Gegensatz zu vielen Einführungsprojekten der Risikomanagementsoftware THINC, bei denen zunächst die Datenanbindung und die technische Implementierung erfolgt und darauf aufbauend die fachliche Umsetzung der einzelnen Risikoarten vorgenommen wird, mussten die unterschiedlichen Aufgaben im Projekt mit der SECB stärker parallelisiert werden.
Die Zusammenarbeit von SECB und msg for banking zeigte, wie im Rahmen einer Softwareeinführung auch gleichzeitig die fachliche Unterstützung bei der Weiterentwicklung von Risikomanagement und Banksteuerung aussehen kann.
Mit Einsatz der Softwarelösung THINC ist die SECB nun in der Lage, neben der Durchführung der notwendigen Risikosimulationen auch die Steuerungswirkung geplanter Maßnahmen wie Zinsswaps oder Refinanzierungsgeschäfte vorab zu simulieren und zu analysieren.
Fazit und Ausblick
Allen Projektbeteiligten war bereits zum Start des Projekts bewusst, dass der Zeitplan ambitioniert war. Doch durch den tatkräftigen Einsatz aller Beteiligten, die partnerschaftliche Zusammenarbeit und die gelebte Hands-on-Mentalität konnten alle Projektziele erreicht und ein deutlicher Mehrwert für die Bank geschaffen werden.
Parallel wurden auch grundlegende Fragestellungen, wie die Anbindung von Marktdaten oder die Vorbereitung von Unterlagen für die Aufsicht, gemeinsam erarbeitet und effizient umgesetzt.
Beim Erreichen der Ziele hat der ganzheitliche Blick der Projektmitglieder, die ihre Expertise in Technik und Fachlichkeit aus einer Vielzahl vergleichbarer Kundenanforderungen einbringen konnten, geholfen. Für SECB ist es wichtig, auch für die weiteren aktuellen aufsichtsrechtlichen Anforderungen, wie dem über- arbeiteten IRRBB-Leitfaden, gut aufgestellt zu sein.
Dies konnte mithilfe der fachlichen Weiterentwicklung realisiert werden.
Nachdem mit dem abgeschlossenen Integrationsprojekt die Grundlage für eine zukunftsgerichtete Partnerschaft gelegt wurde, soll die erfolgreiche und partnerschaftliche Arbeit zwischen SECB und msg for banking auch in Zukunft fortgesetzt werden. Die SECB wird das Risikomanagement durch die kontinuierliche Bearbeitung von Themen, wie beispielsweise Modellvalidierungen oder das Onboarding neuer Mitarbeiter permanent weiterentwickeln und auf neue Anforderungen reagieren. Auch neue aufsichtsrechtliche Anforderungen bieten viel Potenzial für weitere spannende Projektmöglichkeiten im Software- und Beratungsumfeld.
Über die SECB
Die SECB wurde 1998 gegründet und erhielt eine Vollbanklizenz. Sie nahm den Bankbetrieb am 01.01.1999 auf. Geschäftszweck der SECB ist die Bereitstellung der Verbindung zu den wichtigsten Euro-Clearingsystemen sowie die Abwicklung des Zahlungsverkehrs in Euro, primär für Banken und Finanzinstitute aus der Schweiz und aus Liechtenstein, aber auch aus anderen Ländern.
In ihrer Rolle als Zahlungsverkehrsbank für Banken agiert die SECB als Korrespondenzbank für diese Institute, ist jedoch gleichzeitig als Systemmanager des in der Schweiz durch die SIX Interbank Clearing AG betriebenen euroSIC-Systems mit der Kontrolle und Überwachung dieses Systems beauftragt. Darüber hinaus agiert sie als Liquiditätsmanager für das System und als Settlement-Agent für die Systemteilnehmer.
Das euroSIC-System dient der SECB als Abwicklungs- und Verrechnungssystem für Euro-Zahlungen inner- halb der Schweiz und grenzüberschreitend. Es basiert auf dem schweizerischen Interbank-Zahlungssystem SIC für Schweizer-Franken-Zahlungen und beinhaltet daher alle Funktionen eines RTGS-Systems.
Interview
Mit Hans A. Schlottner, Geschäftsleiter (Marktfolge), SECB, und Erdal Konak, Leiter Finanzen und Risikocontrolling, SECB, haben wir über die besonderen Herausforderungen des Projekts gesprochen.
Herr Schlottner, was waren aus Ihrer Sicht die Erfolgsfaktoren bei der Projektdurchführung?
Hans A. Schlottner: Allem voran war die partnerschaftliche und professionelle Zusammenarbeit mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von msg for banking der größte Erfolgsfaktor. Während des gesamten Projekts hatten wir durch msg for banking zu allen fachlichen und technischen Themen immer ein erfahrenes Projektteam an der Hand. Durch kurze Entscheidungswege auf beiden Seiten und durch die Agilität und Flexibilität in der Projektumsetzung war es möglich, auch kurzfristige Entscheidungen zu treffen und schnelle Lösungen zu erarbeiten.
Welche Herausforderungen gab es in der Umsetzung?
Hans A. Schlottner: Durch die Vorgabe, dass die SECB bis zum 31.03.2023 in der Lage sein musste, die Anforderungen an die Risikotragfähigkeit gemäß ICAAP-Leitfaden zu erfüllen, stellte uns die zeitliche Ressource vor große Herausforderungen. Die Vielzahl an Aufgaben und Arbeitsschritten musste innerhalb von ca. drei Monaten, und auch teilweise parallellaufend bewerkstelligt werden. Zusätzlich kamen wir dadurch auch an die Grenzen unserer personellen Ressourcen, was eine enorme Arbeits- last für jeden einzelnen Mitarbeiter mit sich brachte.
Erdal Konak: Zudem war die Bereitstellung technischer Systeme beziehungsweise Zugänge eine weitere Herausforderung, die uns während des Projekts begegnet ist. Durch die permanente Unterstützung der msg-for-banking-Kollegen konnten wir jedoch auch diese Hürden überwinden und unser Vorhaben erfolgreich umsetzen.
Welche Herausforderungen sehen Sie, Herr Konak, für die Zukunft, und welche Ziele verfolgen Sie im Risikomanagement?
Erdal Konak: Der erste Schritt in Richtung einer zukunftsgerichteten Gesamtbanksteuerung ist getan. Aber durch weiter steigende Anforderungen, wie zum Beispiel das IRRBB-Meldewesen, wird eine permanente Weiterentwicklung der eingesetzten Methoden und Verfahren sowie der vorhandenen Systeme notwendig sein. Diese Aufgaben mit den begrenzten Ressourcen zu bewerkstelligen, wird nicht einfach. Allerdings arbeiten wir schon heute daran, unseren Personalbestand entsprechend aufzubauen. Gleichzeitig setzen wir auf eine Fortsetzung der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit msg for banking.
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