Empfehlungen für die Umsetzung der neuen IRRBB-Meldung (NEWS 03/2023)
Der Artikel beschreibt die zeitlichen, fachlichen und prozessualen Anforderungen an die neue IRRBB-Meldung. Er gibt Empfehlungen für die fachliche und technische Umsetzung dieser Anforderungen, die aus den praktischen Erfahrungen der beiden Autoren in einer Vielzahl von IRRBB-Projekten resultieren.
Abstract
Der folgende Artikel beschreibt die zeitlichen, fachlichen und prozessualen Anforderungen an die neue IRRBB-Meldung. Er gibt Empfehlungen für die fachliche und technische Umsetzung dieser Anforderungen, die aus den praktischen Erfahrungen der beiden Autoren in einer Vielzahl von IRRBB-Projekten resultieren.
Neues EU-weites IRRBB-Meldewesen
Nachdem die EBA bereits im Oktober 2022 die überarbeiteten IRRBB1 – und CSRBB2-Leitlinien in ihrer finalen Version zusammen mit technischen Regulierungsstandards (RTS) für Ausreißertests und Standardansätze veröffentlicht hat, ist am 31.07.2023 nach vorheriger Konsultation auch die finale Fassung des ITS-Dokuments3 zu den neuen Meldepflichten für das Zinsrisiko im Anlagebuch erschienen.4
Diese neue IRRBB-Meldung zielt darauf ab, die Aufsichtsbehörden quartalsweise über die Ergebnisse der IRRBB-Ausreißertests (SOT) und über weitere Aspekte des Zinsrisikos im Anlagebuch zu informieren. Zusätzlich erhält die Aufsicht durch die neue IRRBB-Meldung Informationen zur Umsetzungsgüte der IRRBB-Leitlinien in den verschiedenen Instituten. Die neuen Vorgaben sollen das bisher sehr heterogene IRRBB-Meldewesen EU-weit vereinheitlichen.
Zeitplan
Die Umsetzungsfrist bis zur Abgabe der ersten Meldung wurde mit der finalen Version der ITS vom 30.06.2024 auf den 30.09.2024 verlängert. Der Umsetzungszeitraum für die vorgeschlagenen Änderungen beträgt damit rund ein Jahr. Alle Kreditinstitute in der EU müssen die neue IRRBB-Meldung im Rahmen des COREP künftig vierteljährlich abgeben.
Die EBA plant, im vierten Quartal 2023 das zugehörige Datenpunktmodell (DPM), die XBRL-Taxonomie und die Validierungsregeln zu veröffentlichen.
Fachliche Anforderungen an die IRRBB-Meldung
Die Aufsicht berücksichtigt bei den neuen Meldeanforderungen den Aspekt der Proportionalität und unterscheidet zwischen kleinen und nicht komplexen Instituten (SNCI), sonstigen Instituten (Other Institution) und großen Instituten (Large Institution), siehe Abbildung 1.
Abbildung 1: Kriterien für die Einstufung von Instituten – ein Institut zählt als SNCI, wenn alle aufgeführten Kriterien erfüllt sind. Es zählt als Large Institution, wenn mindestens eines der aufgeführten Kriterien erfüllt ist
Für alle Institute gilt, dass sie im Wesentlichen die wertorientierten (EVE7) und die ertragsorientierten (NII8) Ergebnisse der aufsichtlichen Ausreißertests sowie die im internen IRRBB-Risikomanagement zu ermittelnden Marktwertänderungen melden müssen. Weiterhin beinhaltet die Meldung Informationen über aggregierte und in Laufzeitbänder eingeordnete Cashflows sowie die Modellierung von unbefristeten Einlagen (NMD, non-maturity deposits), Termineinlagen und Krediten.
Der Meldeumfang (siehe Abbildung 2) unterscheidet sich für die verschiedenen Institutsgrößen hinsichtlich der Detaillierung des vorgegebenen Schemas zur Meldung der Aktiva, Passiva und außerbilanziellen Positionen. Dieses Schema ist für große Institute am detailliertesten und für die SNCIs am einfachsten.
Abbildung 2: Der Meldeumfang berücksichtigt die Größe der Institute
Prozess von der Berechnung zur Meldung
Zunächst scheint die Umsetzung der neuen aufsichtlichen IRRBB-Meldeanforderungen inhaltlich im Fachbereich des Meldewesens zu liegen. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass das bankinterne Risikocontrolling und das Meldewesen an dieser Stelle einen gemeinsamen Prozess abbilden müssen.
Die fachlichen Daten und Kennzahlen der IRRBB-Meldung werden im Zuge des internen Risikomanagements durch das Risikocontrolling ermittelt. Somit bilden die internen Risikomodelle und -messverfahren die wesentliche Grundlage für die IRRBB-Meldefähigkeit eines Instituts.
Jedes Institut muss einen integrierten Prozessentwickeln, der zum einen ermöglicht, die geforderten Informationen in hinreichender Granularität und mit validierten Methoden zu ermitteln. Zum anderen ist zu definieren, wie die Informationen aus dem Risikocontrolling in die quartalsweise IRRBB-Meldung gelangen. Der gesamte Prozess sollte mit den erforderlichen Prüfschritten möglichst automatisiert, robust und revisionssicher ablaufen, um eine hohe Qualität zu gewährleisten.
Empfehlungen für die Umsetzung
In der Regel sind wesentliche Eckpunkte der neuen IRRBB-Meldung schon heute in den bestehenden Prozessen des Risikocontrollings und des Meldewesens der Institute etabliert und finden beispielsweise im Rahmen der Berechnung und Meldung des bisherigen Frühwarnindikators Anwendung.
Allerdings gehen die neuen IRRBB-Meldeanforderungen weit über den Umfang der heutigen deutschen SAKI-Meldung oder der umfangreicheren österreichischen VERA-Meldung für das Zinsrisiko hinaus.
Deshalb sollte jedes Institut frühzeitig prüfen, in welchem Grad es die zusätzlichen Anforderungen bereits im internen Risikomanagement umgesetzt hat und ob es die geforderten Details insbesondere bezogen auf den Drill-Down der Ergebnisse nach der vorgegebenen recht einfachen Bilanzstruktur liefern kann.
Ein wichtiger Aspekt ist die konstante Bilanzannahme: Sind die im Bestand befindlichen Geschäfte einer Planposition in wesentlichen Kriterien wie Produktart, Laufzeit, Tilgungsart, Marge und impliziten Optionen als hinreichend homogen einzuordnen? Sollte das nicht der Fall sein, ist gegebenenfalls eine Verfeinerung der Planung sinnvoll, um die konstante Bilanzannahme anforderungskonform abzubilden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die im Risikomanagement verwendeten Cashflows. Sie müssen möglichst granular als Zinsrisiko-Cashflows verfügbar sein und eine Rasterung in die vorgegebenen Laufzeitbänder ermöglichen. Die Unterscheidung zwischen vertraglichen und erwarteten Cashflows ist ein wichtiger Aspekt der IRRBB-Leitlinien und der IRRBB-Meldung, der sich im internen Risikomanagement wiederfinden muss.
Die Optionen des Zinsbuchs müssen zwischen automatischen und verhaltensabhängigen Optionen unterschieden und entsprechend modelliert werden. Für die automatischen Optionen ist meist eine Modellierung auf Basis von Optionspreismodellen sinnvoll. Verhaltensabhängige Optionen werden in der Regel mit erwarteten Cashflows modelliert. Institute müssen prüfen, ob die Erwartungen an verhaltensabhängige Cashflows für alle Zinsszenarien gleich sind. Es ist beispielsweise denkbar, dass Kunden Sondertilgungsrechte für bestehende Kredite zwar nicht automatisch ausüben, wenn sie dadurch einen finanziellen Vorteil hätten, dass sie aber trotzdem vermehrt in einem Niedrigzinsumfeld tilgen als nach einem starken Zinsanstieg, so wie er im Jahre 2022 stattgefunden hat.
Softwarelösung
Um eine konsistente Umsetzung der neuen Meldeanforderungen über die unterschiedlichen Fachabteilungen einer Bank zu erleichtern, empfiehlt sich der Einsatz einer Software, die den gesamten Prozess und Informationsfluss vom internen Risikomanagement bis zur externen IRRBB-Meldung abbildet, siehe Abbildung 3. Der Prozess sollte durchgängig auf einem integrierten Datenhaushalt aufsetzen und die gleichen Bestände, Cashflows, Marktdaten und sonstigen Parameter verwenden.
Abbildung 3: Idealtypischer IRRBB-Workflow von den Vorsystemen über das interne Risikomanagement ins Meldewesen
Damit die externe IRRBB-Meldung die Sicht des internen Risikomanagements widerspiegelt, sollte es möglich sein, die mit den Daten und Methoden des internen Risikomanagements berechneten wertorientierten und ertragsorientierten Ergebnisse direkt und möglichst automatisiert in das von der EBA vorgegebene IRRBB-Meldeformat zu übertragen. Auf diese Weise ist eine maximale Konsistenz sichergestellt.
Die Software muss eine hinreichend feine Planung von Prolongationen und Neugeschäft ermöglichen und Szenarien auf Volumina, Margen und Zinsentwicklungen simulieren können – einschließlich dem Szenario einer konstanten Bilanz. Sie sollte sich nicht nur auf die Ermittlung der für die IRRBB-Meldung geforderten NII- und EVE-Ergebnisse beschränken, sondern insgesamt die IRRBB- und CSRBB-Anforderungen der EBA-Leitlinien an ein internes Risikomanagementsystem erfüllen.
In diesem Sinne ist die IRRBB-Meldung wie ein Fenster in das interne Risikomanagement zu sehen, das der Aufsicht einen repräsentativen Blick auf die Umsetzung der IRRBB-Leitlinien erlaubt.
Fazit und Ausblick
Die Implementierung der neuen IRRBB-Meldeanforderungen setzt ein gutes internes IRRBB-Risikomanagement voraus und wird für einige Institute mit signifikantem Aufwand verbunden sein.
Die EBA schreibt in ihrer Executive Summary zur finalen Veröffentlichung der IRRBB-Meldewesen-ITS am 31.07.2023, dass die neuen Meldeanforderungen darauf abzielen, der Aufsicht hochwertige Daten zu den IRRBB-Risiken je Institut zur Verfügung zu stellen. Mit diesen Informationen möchten sich die Aufsichtsgremien aber nicht nur ein Bild über die eingegangenen Zinsrisiken machen, sondern auch darüber, wie gut die einzelnen Institute die Anforderungen aus dem IRRBB-Paket in ihrem Risikomanagement umgesetzt haben. Es ist also zu erwarten, dass die vielfach betonte Konsistenz zwischen interner und externer Berichterstattung in aufsichtlichen Prüfungen zum Zinsrisiko künftig eine noch größere Rolle spielen wird.
Abschließend betont die EBA in dieser Executive Summary, dass die ITS nationale IRRBB-Meldeanforderungen ablösen sollen, sobald sie in Kraft getreten sind. Das IRRBB-Paket schafft also in seiner Gesamtheit den gewünschten EU-weiten IRRBB-Standard und ist damit ein wichtiger Schritt für die internationale Harmonisierung der Bankenregulierung.
Wir gehen davon aus, dass das IRRBB-Meldewesen in den nächsten Jahren um ein CSRBB-Meldewesen ergänzt wird, das der Aufsicht in analoger Weise einen Blick auf die Umsetzung der CSRBB-Leitlinien erlaubt. Es lohnt sich, diesen Aspekt bereits in den aktuellen IRRBB-Projekten zu berücksichtigen.
Quellen und weiterführende Hinweise
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1. IRRBB = Interest rate risk in the banking book.
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2. CSRBB = Credit spread risk in the banking book.
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3. ITS steht für „Implementing Technical Standards” und bezeichnet „technische Regulierungsstandards“, die EU-Verordnungscharakter haben und deshalb unmittelbar bindendes Recht in den Mitgliedsländern darstellen.
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4. EBA publishes its final amending technical standards on supervisory reporting to introduce new reporting on interest rate risk in the banking book, EBA, 31 July 2023
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5. Geringer Umfang der Handelsbuchtätigkeiten im Sinne des Artikels 94 Absatz 1 CRR; d. h. weniger als 5 % der Gesamtaktiva des Instituts und maximal 50 Mio. EUR.
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6. Berechnung gem. Art. 273a Abs. 3 CRR.
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7. EVE = Economic value of equity, ökonomisches Eigenkapital
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8. Net interest income, Nettozinsertrag.
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